..Cintra

12mR-Yacht


Baujahr
Werft
Konstrukteur
LüA
Lwl
Breite
Tiefgang
Verdrängung
Segelfläche


1909
William Fife and Son, Fairlie
William Fife III
18,82m
11,96m
3,36m
2,44m
27 t
307 m2

Eine ganz eigene Dimension bringt die Cintra seit 2012 in die deutsche Klassiker-Szene, frisch importiert aus den vornehmen klassischen Kreisen des Mittelmeeres. Vergleichbar mit der Granddezza von Heti, des zuvor einzigen first-rule-Zwölfers in Deutschlands Norden. Nur, dass Cintra einen Tick schmaler erscheint, einen weiteren Tick flacher und auch einen Tick schneller? "Wir freuen uns, dass Heti jetzt einen wirklichen Sparringspartner erhält", meint einer der Heti-Eigner und denkt an die ein wenig frustrierende Hinterhersegelei der gaffelgetakelten First-Rule-Lady im direkten Vergleich mit den Sloop-getakelten 12mR-Rennmaschinen aus den 30er Jahren.

Wer ist Cintra? - eine schottische Dame von 1909, entworfen und gebaut von William Fife, der wohl wie kein anderer Yachtdesigner die Melange aus Schönheit, Eleganz und Schnelligkeit in einem Boot vereinen konnte. Ihr erster Eigner: Andrew Coates, Mitglied der schottischen Textildynastie, die der Modewelt das unverwüstliche Paisley-Muster schenkte und bis heute existiert. Coates besaß damals die drittteuerte Firma der Welt, gleich hinter Rockefellers Standart Oil und den Vanderbilts. Cintra rundete Coates faszinierenden Lebenstil ab.

Die Yacht hat die wechselnden Zeiten überstanden, wenngleich auch nicht ohne Federn zu lassen. Die mehr als 100 Jahre alte Rennyacht ist auf zahlreichen Stationen durch viele Hände gegangen. 1907 wurde die "Internationale Meterklassen-Formel" geboren, die mehr als 80 Jahre den Bau von Rennyachten dominierte, u.a. dreißig Jahre lang, bis 1987, den Kampf um die wichtigste Trophäe im Yachtsport, den America's Cup. Cintra war eine der ersten Yachten, die nach der neuen Meterklassen-Formel entstanden, das dritte Zwölfer-Design von William Fife. Die ersten Jahre segelt sie sehr erfolgreich gegen andere Zwölfer auf dem Clyde in Schottland, bevor sie 1914 nach Cowes kommt. Nach dem Krieg bekommt sie eine Hochtakelung, segelt eine Zeitlang in Oslo, kommt dann aber nach England zurück, wo sie auch bis in die 50er Jahre noch auf den Regattabahnen zu sehen ist. Das "Round the Island Race" 1956 ist dann aber die letzte belegte Regattabeteiligung für viele Jahre. Danach verschwindet die Yacht im Nichts oder im Nebel der Themse, nur um Jahre später wieder in einer Scheune an der englischen Ostküste entdeckt zu werden.

Cintra's Zustand ist erbarmungswürdig. Zur Fahrtenyacht umgebaut, das Rigg zu einer Ketch verändert, auf dem zuvor flachen Deck ragt ein Deckshaus heraus, das elegante, lang ausladende Heck ist verkürzt und der Bleikiel mit Betonballast ersetzt worden. Erst Ende der Achtziger wird sie von William Collier entdeckt, einem Experten für klassische Yachten, der den italienischen Yachtdesigner von Giorgetti & Magrini von seinem Fund berichtet. Cintra's Irrfahrt scheint beendet. Franco Giorgetti findet in Alberto Rusconi einen zahlungskräftigen Liebhaber von Meteryachten, der sich für ihre Restaurierung begeistern lässt.
So kommt Cintra Anfang 1990 endlich auf die italienische Werft "La Bussola" in Fiumicino, wo eine ebenso aufwändige wie originalgetreue Restaurierung beginnt. Hinter den zahlreichen Modifikationen, die die Yacht über die Jahre erfahren musste, ist noch immer der elegante Rumpf zu erkennen. Giorgetti & Magrini beaufsichtigen zur gleichen Zeit auch die Restaurierung der Trivia bei Camper & Nicholson. "Beide Schiffe zeigen den gleichen behutsamen Restaurierungsstil. Identische Blöcke und Klampen, ähnliche Hölzer und die charakteristischen sechs Winschen. Die beiden italienischen Bootsbauer haben Erfolg mit ihrer Suche nach den Originalplänen. Segelplan, Konstruktionszeichnungen und sogar die Entwürfe für das Rigg lassen sich in Schottland aufspüren.
Zur gleichen Zeit untersucht die Werft, welche Teile noch erhaltenswert sind und welche ersetzt werden müssen. Etwa die Hälfte der Planken aus Honduras Mahagoni ist noch intakt, allerdings werden sie am Ende dennoch ersetzt, um die Lebenserwartung zu erhöhen, genauso wie die Spanten aus Akazie, die alternierend mit verzinkten Stahlspanten und dem Original exakt nachgebildeten Akazie-Spanten ersetzt werden, ohne die Form und den Stil des Rumpfes zu verändern. Die Kielsektion erscheint komplett intakt, sogar der Vorsteven und der Achtersteven aus Ulme, was Anfang des Jahrhunderts ein übliches Material in Schottland war. Um die Yacht so originalgetreu wie möglich zu restaurieren, werden alle Arbeiten sorgfältig geplant und bis ins Detail mit Materialen umgesetzt, die auch von Fife verwendet wurden, selbst dann, wenn diese nur schwer zu beschaffen sind.
Der Mast und das gesamte Rigg werden komplett erneuert, weil sie durch die Umbauten der vergangenen Jahre nicht mehr dem Original entsprechen. Alles wird getreu den Fife-Plänen rekonstruiert. Der Mast misst 24,65 Meter, die Gaffel 8,05 Meter und der Baum 13,08 Meter, alles hohl aus Douglasie gefertigt, weil es schwierig war, das im Original verwendete Silver Spruce zu beschaffen. Die Beschläge werden detailgetreu nach Originalplänen gefertigt. Die gesamte Segelfläche beträgt 217 Quadratmeter, plus 190 Quadratmeter Gennaker.
Die Restaurierung beginnt im Dezember 1990 und wird in Rekordzeit von nur acht Monaten abgeschlossen, so dass die Yacht termingerecht am 20. August 1991 bei der Porto Cervo Veteran Boat Rally an den Start gehen kann, wie es sich der damalig neue Eigner gewünscht hat. Cintra erscheint pünktlich zum ersten Start, mit nur wenig Trimm-Praxis und Training, aber ohne geringste Probleme.

Die Rundum-Erneuerung kommt den heutigen Eignern jetzt zu gute. "Sie ist einfach tipp topp. Ein neuer Satz Segel musste allerdings her." Auch der jetzige Eigner möchte das Boot halt gern nach vorne segeln.

Hella Peperkorn



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