Anstricharbeiten

Wie man's in den 50er Jahren machte - zusammengetragen aus Artikeln der "Yacht"

Die Anstricharbeiten

Wenn alle Arbeiten vor und nach dem Aufslippen getan sind, dann bleibt als Hauptarbeit neben etwaigen Reparaturarbeiten der Neuanstrich. Übrigens „streicht“ der Segler oder Motorbootfahrer sein Boot nicht, sondern er malt es. Gestrichen wird bei einem Boot nur die Flagge. Die erforderlichen Malerarbeiten sind nicht nur bei den verschiedenartigen Booten aus Vollholz, Sperrholz, aus Stahl oder Aluminium sehr verschieden, sondern auch bei demselben Boot in verschiedenen Jahren sehr unterschiedlich.

Voraussetzung für einen glatten Ablauf und ein Gelingen der Arbeit ist sorgfältiges Planen und, dass man sich vorher über alles seine Gedanken macht. Am Anfang stehen die Fragen nach dem Wer? - Wann? - Wo? - Was? und Wie?

Wer soll mithelfen? - Zwar heißt es, dass der Eigner nicht nur die Unkosten für sein Boot, sondern auch alle Arbeit allein zu tragen habe, aber eine gute Crew, die den ganzen Sommer hindurch zusammen gesegelt hat, wird auch im Winter und im Frühjahr im Bootsschuppen Sonntag für Sonntag zusammen arbeiten, um den Kahn wieder auf Hochglanz zu bringen. Und der gute Schiffer wird dafür sorgen, dass jedesmal für jeden die richtige Arbeit da ist, dass keiner frierend herumzustehen braucht und dass nicht ausgerechnet derjenige, der keinen geraden Strich malen kann, die Wasserlinie absetzen muss oder der dickste und größte Mann der Crew sich in die engsten Teile unter Deck hineinzwängen muss. Wie gesagt, der Eigner muss sich insgeheim eine ganze Menge Gedanken darüber machen, wie und wo er seine Männer am besten zum Nutzen des Ganzen einsetzt. Jedes Pfuschen und jede Nachlässigkeit bei den Überholungsarbeiten rächt sich nach kurzer Zeit. Andererseits wird das Crew-Mitglied, das im Winter und im Frühjahr treu mit bei den Mal- und Schleifarbeiten geschwitzt und gefroren hat, unaufgefordert alles tun, damit das Boot im Sommer das gute Aussehen behält.



Die „guten" Freunde und Freundinnen haben sich alle bereitwillig angeboten, bei den Überholungsarbeiten zu helfen . . .

Wann soll man die Malerarbeiten durchführen? - Eisenboote müssen schon im Herbst an den beschädigten Stellen einen Rostschutzanstrich erhalten. Bei einem Holzboot müssen die Stellen, die nicht mehr durch den Anstrich geschützt sind, einen Voranstrich bekommen, damit das Holz an diesen offen liegenden Stellen nicht verstärkt Feuchtigkeit aufnehmen kann. Wie viel Feuchtigkeit ein Vollholz-Boot aufnimmt, hängt von der Luftfeuchtigkeit ab. In Norddeutschland beträgt der Feuchtigkeitsgehalt des Holzes im Winter etwa 18 %, im Sommer etwa 15 %. Es ist keineswegs, besonders bei alten Booten, zweckmäßig, das Holz vor dem Anstrich zu stark austrocknen zu lassen, da es dann nachher zu stark arbeitet und der Anstrich leicht reißt. Es kann unter Umständen sogar zweckmäßig sein, dass man ein älteres zu stark ausgetrocknetes Boot zunächst für ein paar Tage zu Wasser bringt, es dann zwei oder drei Tage abtrocknen lässt und dann den Anstrich aufbringt. Boote, im Wasser überwintern, werden im Frühjahr für zwei oder drei Tage aus dem Wasser geholt und erhalten dann ihren Außenanstrich, ohne dass Zeit ist, sie längere Zeit trocknen zu lassen. Für Norddeutschland gilt, dass die Luftfeuchtigkeit in der Zeit vom 15. März bis zum 20. April am geringsten ist. In dieser Zeit sinkt der Feuchtigkeitsgehalt des Holzes sehr rasch, die Boote trocknen schnell. Im Sommer selbst sind die Verhältnisse nicht mehr so günstig. März - April ist also die günstigste Zeit für die Malerei. Wie trocken oder wie feucht das Holz am besten beim Malen ist, damit der Anstrich nachher nicht durch zu starkes Arbeiten des Holzes sofort wieder beschädigt wird, richtet sich nach Holzart und Alter des Bootes. Wenn die Spannung des Holzes zu gering geworden ist, als dass das Boot nur durch Aufquellen des Holzes vollkommen dicht wird, kann ein Nachkalfatern erforderlich werden.

Dass man mit dem Malen erst beginnen kann, wenn alle staubenden Arbeiten beendet sind und dass man sich in einem stark belegten Winterlagerschuppen mit den anderen Eignern einigen muss, bis zu welchem Tag die Schmutzarbeiten beendet sein müssen, versteht sich von selbst. Mit den Anstricharbeiten soll man erst beginnen, wenn alle Reparaturarbeiten beendet sind, wenn die Feuchtigkeitsspuren vom Abwaschen getrocknet sind. Man darf nicht malen, wenn sich Schwitzwasser auf oder im Boot durch Temperaturwechsel bildet. Warme leuchte Luft schlägt sich als Tau auf dem über Nacht im Bootsschuppen ausgekühlten Boot nieder. Dies ist ein sehr wichtiger Punkt, weil das weißliche Abblättern der Lackierung und der Farbe und auch die Blasenbildung auf die Feuchtigkeit zurückzuführen ist. Abwischen der feuchten Flächen genügt nicht; das Boot beschlägt gleich wieder.

Wo man die Anstricharbeiten am besten durchführt, ergibt sich aus den jeweiligen Umständen. Um einen Anstrich zu spritzen, muss man ein Boot gegebenenfalls erst aus dem Schuppen herausbringen und draußen unter einem Schutzdach abstellen. Es kann auf stark belegten Bootslagerplätzen auch erforderlich werden, dass man nur den Unterwasseranstrich im Schuppen oder auf dem Slipp durchführt und alle anderen Anstricharbeiten an dem im Wasser liegenden Boot ausführt, was den Vorteil haben kann, dass die Luft hier völlig staubfrei ist (wenn man nicht unmittelbar an einem Liegeplatz liegt, wo der Wind vom Ufer her Sand und Staub heranweht). Nicht gemalt werden darf an Tagen, an denen die Temperatur unter Null Grad liegt und nicht an Tagen, an denen starke kalte Luftfeuchtigkeit herrscht. Es darf bei Sonnenwetter auch nicht an Stellen gemalt werden, auf die die Sonne brennt.

Was man an Anstricharbeiten in einem Jahr ausführt, hängt von dem Zustand der einzelnen Anstriche ab. Unterwasser, Außenhaut, Deck, Aufbauten und Spieren werden in jedem Frühjahr einen neuen Anstrich oder eine neue Lackierung bekommen müssen, es sei denn, dass sie wie z. B. bei Sperrholz- oder Stahlbooten einen Anstrich mit DD-Lacken bekommen haben, der nach einem Sommer noch vollkommen in Ordnung ist. Innen braucht ein Kajütboot aus Vollholz keineswegs in jedem Jahr neue Anstriche. Eine Ausnahme bildet die Bilge, in der ja stets mehr oder weniger Wasser steht und die regelmäßig mit Bilgefarbe gestrichen werden muss. Innen muss neu gemalt werden, wenn der Anstrich zerkratzt oder beschädigt oder z. B. durch Vergilben unansehnlich geworden ist.

Wenn die Farb- und Lackschichten zu dick geworden sind und dicke Blasen bekommen, wenn sie zu stark gerissen sind und wenn ganze Flächen abblättern, dann muss der alte Anstrich bis aufs Holz entfernt werden. Es mag in einzelnen Fällen, wenn ein Eigner gerade zufällig in den Frühjahrsmonaten über viel freie Zeit verfügt, zweckmäßig sein, in einem Jahr eine Generalüberholung mit Entfernen des alten Anstriches, Erneuerung des Decksbezuges und vollständigem Neuanstrich innen und außen durchzuführen, sonst aber richtet man es so ein, dass nicht mehrere der zusätzlichen und nicht in jedem Jahr auszuführenden Arbeiten in einem Frühjahr zusammenfallen.

Das Ergebnis aller Überlegungen ist ein genauer Zeitplan, der die einzelnen Arbeiten so verteilt, dass sie sich nicht auf einen kurzen Zeitraum zusammendrängen und ausreichende Zeiten zum Trocknen des Rumpfes und der einzelnen Anstriche berücksichtigt werden. Natürlich muss - besonders bei Booten, die im Freien instand gesetzt werden müssen - genug Lose in dem Plan sein, so dass er nicht durch unerwartet ungünstige Wetterverhältnisse über den Haufen geworfen werden kann. Nachstehend ein Beispiel für einen Zeitplan für ein Vollholz-Boot. Bei stählernen Booten ist im Herbst vorzusehen, dass Poststellen sofort ausgebessert und mit einem Schutzanstrich versehen werden.

Zeitplan

17.10. Auspacken, Mast legen, Material von Bord.
21.10. Aufslippen, Bewuchs entfernen, Bodenspund öffnen, Boot durchfegen.
22.10. Boot durchsäubern mit Waschmitteln, mit viel Wasser nachspülen, Bodenspund schließen! Boot lüften.
26.10. Durchsehen des Rumpfes auf Holzarbeiten. Liste anlegen. Segel trocken einlagern. Abdecken mit alter Persenning.
28.10. Holzarbeiten am Rumpf und Spieren.
..Nov. Bootslackierung durchschleifen oder entfernen, kalfatern und die tiefen Risse auskitten.
04.01. Grundieren.
14.01. Spachteln bei farbigen Booten.
20.01. Schleifen; Schleiflack oder l. Grundanstrich.
27.01. Schleifen.
28.01. 2. Schleiflack, 2. Grundanstrich.
..Febr. Arbeiten an stehendem und laufendem Gut.
10.03. Schleifen,
11.03. 3. Schleiflack oder 3. Grundanstrich. Schleifen.
25.03. 1. Yachtlackanstrich oder l. überzugslackfarbe.
31.03. Schleifen.
01.04. 2. Yachtlackanstrich.
06.04. Segel durchsehen und ausbessern.
14.04. Wasserpaß und Zierstrich, Namen.
27.04. Unterwasserschiff schleifen. Letzter Anstrich mit Kupferbronze oder Patentfarbe oder Smith Green.
28.04. Kupferbronze schleifen. Boot zu Wasser.
29.04. Aufriggen.
01.05. Segeln

Bei stählernen Booten ist im Herbst im Zeitplan vorzusehen, dass Roststellen sofort mit einem Schutzanstrich versehen werden. Für den einzelnen Arbeitsgang muss der Zeitplan unbedingt eingehalten werden. Die einzelnen Arbeitsgänge müssen, wenn irgend möglich, in einem Arbeitsgang durchgezogen werden. Man kann zum Beispiel nicht den Wasserpass bis zur Mitte ziehen und dann erst ein paar Tage verstreichen lassen, ehe man den Rest ausführt. Bei Verwendung von Zweikomponenten-Lacken muss man grundsätzlich in einem Zuge durcharbeiten, bis die angesetzte Anstrichmenge, die sehr schnell hart wird, vollständig aufgebraucht ist. Sind mehrere Schichten mit diesen Härterlacken aufzubringen, dann muss man sich genau an den von der betreffenden Firma angegebenen Zeitplan halten.

Als Nächstes vor Beginn der praktischen Arbeiten muss ein Geräteplan aufgestellt werden. Vorbedingung für das Gelingen ist immer ausreichendes, gutes Werkzeug. Der glatte Ablauf ist nur gesichert, wenn alles Werkzeug bereitliegt und auch die Maschinen, die man sich ausleihen muss, rechtzeitig zur Stelle sind. Ein Geräteplan wird etwa so aussehen:

Geräteplan

1. Wasserfestes Schleifpapier (5 Blatt 180) (5 Blatt 320 oder 360)
2. Schaber, Ziehklinge, Glasscherben oder ähnliches
3. Stahlbürste
4. Stahlwolle
5. Leinenlappen
6. Abdeckband
7. Kreide
8. Schablonen für den Namen
9. Segelgarn zum Anreißen von Linien
10. Hammer und Kupfernägel
11. Zeitungspapier zum Abdecken
12. Eimer zum Wasserholen, um den Boden vorm Lackieren zu befeuchten
13. Messer
14. Leere saubere Konservendosen
15. Pinsel:
a) einen Pinsel für das Abbeizen, weich und quastig (kann ein alter hartgewordener sein, denn der Farbentferner macht ihn wieder weich)
b) Ringpinsel, ca. Größe 14, je nach Geschmack, Kraft und Größe der Flächen
c) Lackierpinsel
d) mehrere kleine Pinsel
e) Winkelpinsel
f) Schriftpinsel
g) Staubpinsel
16. Pinselaufbewahrungsgerät
17. Holzleisten oder Rührknüppel
18. Schraubenzieher zum Dosenöffnen
19. Eine geschickte Hand
u.s.w.

Als Letztes ist dann noch eine Materialliste aufzustellen, wofür die benötigten Mengen an Material für das jeweilige Boot berechnet werden müssen. Für die Bestimmung des gesamten Farbenverbrauchs für einen Neubau einschließlich des Innenanstrichs und der verschiedenen erforderlichen Lackanstriche gibt es die Faustformel:

Länge mal Breite mal Seitenhöhe mal 1,8 = Farbenverbrauch.

Im einzelnen wird der Farbenbedarf berechnet, indem man die einzelnen Flächen durch die Ergiebigkeit der Farbe dividiert, also:
Fläche / qm per l kg = Farbenverbrauch.

Die einzelnen Flächen berechnet man nach den folgenden Faustformeln:
Unterwasserfläche: Länge in der Wasserlinie mal (Breite + Tiefgang) Diese Faustformel gilt für vollbauchige Fahrzeuge, Motoryachten, Jollen und Jollenkreuzer, Kielyachten mit langem Kiel und geradem Steven.

Für tiefgehende Kielyachten mit kurzem Kiel rechnet man:
Unterwasserfläche = Länge in der Wasserlinie mal (Breite + Tiefgang) / 2

Für mitteltiefe Kielyachten oder Kielschwerter mit runden Spanten rechnet man:
Unterwasserfläche = Länge in der Wasserlinie mal (Breite + Tiefgang) mal 3/4

Fläche des Überwasserrumpfes: (Länge über Alles + Breite) mal doppelten, durchschnittlichen Freibord.

Räche des Decks: Länge über Alles mal Breite mal 0,75 abzüglich der Flächen der Plicht, des Kajütaufbaues, der Luks usw.
Fläche von Mast und Spieren = Durchschnittlicher Umfang mal Länge.

Nachstehend ein Beispiel für die

Materialliste

1. Farbentferner .......... je m2 ca. 200 g
2. Xylamon für die Bilge und Unterwasser . je m2 ca. 60 g
3. Kopalspachtel in Tuben odei kleinen Dosen nach Bedarf
4. Flüssiges Holz .,.-...... nach Bedarf
5. Baumwolle zum Kalfatern ...... nach Bedarf
6. Porenfüller ........... nach Bedarf je m2 ca. 100 g
7. Grundfarbe ........... je m2 ca. 150 g je Anstrich
8. Schleiflack ........... je m2 ca. 100 g je Anstrich
9. Vorstrichfarbe für Kupferbronze .... je m2 ca. 180 g je Anstrich
10. überzugslackfarbe, Yachtlackfarbe, Deckslackfarbe .......... je m8 ca. 120 g je Anstrich
11. Bootslack, Yachtlack ........ je m2 ca. 100 g je Anstrick
12. Kupferbronze, Unterwasser-Patentfarbe, Unterwasser IIIa, Smith Green .... je m2 ca. 160 g je Anstrich
13. Zinkschutz ........... nach Bedarf je m' ca. 250 g je Anstrich
14. Spezialmennige je m2 ca. 200 g je Anstrich. oder Zinkchromatgrundierung ..... je m2 ca. 140 g je Anstrich;
15. Kitt .............nach Bedarf
16. Wasserfester Leim .........nach Bedarf
17. Leinendecksfarbe .........je m2 ca. 150 g je Anstrich
18. Marine-Glue oder Gudrun oder Spezialdeckvergußmasse .........nach Bedarf
19. Bleiweißgrundfarbe ........je m2 ca. 180 g je Anstrich
20. Absetzfarbe für den Wasserpaß . . . .nicht viel. 1/2 kg
21. Schriftfarbe ...........nicht viel. Fahrrademaillie geeignet.
22. Blattgold (nur echtes) . . .selber ausrechnen.
23. Silberbronze ......nach Bedarf
24. Sehr weichen Bleistift usw.


Einfacher Atemschutz. Bei stark staubenden Arbeiten mit Schleifmaschinen und beim Anstrich mit stark giftigen Unterwasserfarben ist ein Atomschutz zu empfehlen

Die Pinsel werden durchbohrt und an einem durchgesteckten Draht in eine Dose mit rohem Leinöl gehängt, nachdem sie in dem für die jeweilige Farbe vorgeschriebenem Lösungsmittel gewaschen sind. Die Borstenspritzen dürfen nicht an den Boden der Dose stoßen.

Zweckmäßiger Farbtopf zum Malen. Der Griff erleichtert es, die nicht zu große Dose beim Malen zu halten. An dem durchgezogenen Draht wird der Pinsel nach dem Eintauchen abgestreift.

Eine alte Flachfeile, deren Heftspitze umgebogen und zu einer Meißelspitze angefeilt ist, wird benutzt, um Fugen und Nähte von altem Kitt zu befreien.



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