Anstriche spritzen

Wie man's in den 50er Jahren machte - zusammengetragen aus Artikeln der "Yacht"

Anstriche spritzen

In der Industrie und im Handwerk ist der Farbenauftrag mit dem Pinsel bereits weitgehend durch das Spritzen der Farbe verdrängt worden, weil es schneller geht und ein besserer und gleichmäßigerer Farbfilm dadurch erzielt wird. Man kann auch Boote spritzen, statt sie mit dem Pinsel zu lackieren. Der Haken dabei ist aber, dass die einzelnen Teile und Flächen des Bootes gewöhnlich unterschiedlich gestrichen werden und dass alle daneben liegenden Teile, die einen anderen Anstrich bekommen sollen, mit Papier (man verwendet Zeitungspapier und Klebeband) sorgfältig abgedeckt werden müssen. Als weitere Schwierigkeit kommt hinzu, dass beim Spritzen ein Farbnebel erzeugt wird und die Boote im Schuppen oder auf dem Winterlagerplatz nicht immer so freistehen, dass die Nachbarboote nichts von der gespritzten Farbe abbekommen. Man kann sich natürlich dadurch helfen, dass man das Boot auf dem Wagen ganz aus dem Schuppen herausfahrt und es dann im Freien stehend spritzt, was ohnehin erforderlich ist, wenn es sich um neuartige Farben handelt, die nicht in geschlossenen Räumen verarbeitet werden dürfen. Aber das Spritzen darf nicht in der Sonne erfolgen, und das Boot muss zum Spritzen unter einem Schutzdach oder vollständig im Mauerschatten stehen. Eine Pressluftanlage, die man sich von einem Handwerksbetrieb ausleihen müsste, ist nur im Dauerbetrieb wirtschaftlich. Inzwischen sind kleine, handliche und auch billige elektrische Spritzpistolen entwickelt worden, die man an jede Steckdose anschließen kann. Genannt seien die elektromagnetische Spritzpistole „Sprivi" und die elektrische Spritzpistole „Burgia".

Besonders lohnend ist das Spritzen, wenn die schnell trocknenden Zweikomponenten-Lacke verwendet. Die Zeitersparnis ist erheblich. Wenn das Boot gründlich gereinigt ist und die schadhaften Stellen ausgebessert sind, dauert das gewissenhafte dreimalige Spritzen mit der Grundfarbe nur wenige Stunden. Am gleichen Tage abends kann man dann schon mit dem Spachteln beginnen. Am nächsten Tag wird nachgespachtelt und nach Abtrocknen des Spachtels noch einmal alles mit Grundfarbe gespritzt. Nimmt man diesen Anstrich zeitig am Tage vor, dann kann man schon mittags mit Deckfarbe spritzen. Eigner, die ihr stählernes Boot gespritzt haben, teilten mit, dass sie ihr Boot bei einer Generalüberholung jederzeit wieder spritzen würden und nur bei einfachen Arbeiten (Neuanstrich des Unterwasserschiffes, einmaliges Streichen der Außenhaut) zum Pinsel greifen würden.

Man kann Farben, Lacke auf öl- oder Kunstharzbasis, Öle und Antirostmittel spritzen. Es gibt besondere Spritzlacke oder auch besondere Spritzverdünnungen für die Anstrichmittel. Dickflüssige Spritzgüter werden zweckmäßig, wenn sie nicht viel Verdünnung vertragen, ausreichende Zeit vor dem Spritzen samt der Lackdose (den Verschluss vorher öffnen - offenes Feuer in der Nähe vermeiden!) in einen Eimer mit kochend-heißem Wasser gestellt, wodurch sie sehr dünnflüssig werden. Öllacke werden in der Regel bei genügender Erhitzung dadurch so dünnflüssig, dass sie in den meisten Fällen ohne weitere Verdünnung gespritzt werden können.

Vor dem Spritzen der Farbe wird zunächst das jeweilige Verdünnungsmittel kurz durchgespritzt, damit die etwaigen Rückstände vom letzten Reinigungsspritzen aus der Pistole entfernt werden, damit keine Verschmutzungen eintreten. Will man zum Beispiel Firnis spritzen, dann muss zunächst mit Terpentin-Ersatz vorgespritzt werden.

Die zu spritzende Farbe oder Flüssigkeit wird gut umgerührt. Man lässt sie durch ein kleines Feinsieb (Kaffee- oder Teesieb) in den Flüssigkeitsbehälter der Spritzpistole laufen, damit Farbhäute, Klumpen, Sand oder Korkteilchen zurückgehalten werden und dadurch keine Ladehemmungen entstehen können. Dann macht man zunächst einige Spritzversuche auf geeigneten Abfallflächen, jedoch nicht auf Presspappe oder Presspanplatten, weil diese aufquellen und so ein falsches Oberflächenbild ergeben. Ist der Spritzstrahl nicht voll und gleichmäßig, dann muss das Spritzgut stärker verdünnt werden. Die Verdünnung muss jedoch vorsichtig erfolgen. Zu starke Verdünnung verursacht ein Rinnen bei den Lackfarben.

Die Fläche, die gespritzt werden soll, muss wie üblich vorbehandelt werden. Spachtel muss gut verhärtet sein, weil sonst der Anstrich über den Spachtelstellen reißt. Die Flächen, die nicht gespritzt werden sollen, werden mit Zeitungspapier und Klebestreifen oder mit Abdeckband abgedeckt. Man soll nicht bei feuchtem Wetter spritzen, weil die gespritzte Fläche sonst anläuft, und nicht bei kaltem Wetter. Wenn in einem geschlossenen Raum gespritzt wird, muss für ausreichende Ventilation gesorgt werden. Verdünnungsdämpfe sind in geschlossenen Räumen gefährlich.

Beim Spritzen liegender Flächen muss man die Spritzpistole leicht angewinkelt halten. Man beginnt mit dem Spritzen nicht auf der Fläche, sondern neben ihr und führt den Spritzstrahl bis über den Rand.

Die Flächen werden in einem Abstand von etwa 30 cm gespritzt. Man geht in zügigen Bewegungen über die Fläche. Da die Pistole ja andauernd Material auswirft, gibt es unweigerlich Laufstellen, wenn man zu langsam über die Fläche spritzt oder zu lange auf ein und dieselbe Stelle spritzt. Liegende Flächen werden mit leicht angewinkelter Haltung gespritzt. Also die Pistole nicht senkrecht über eine waagerechte Fläche halten. Man beginnt mit dem Spritzen nicht auf der Fläche, sondern neben dieser und zieht dann über die Fläche. Ebenso setzt man nicht auf der Fläche aus, sondern führt den Spritzstrahl bis über den Rand der Fläche. Jede Fläche wird stets im „Kreuzgang", d. h. einmal senkrecht und einmal waagerecht gespritzt. Bevor man waagerecht spritzt, muss der senkrechte Spritzgang angezogen haben. Nur durch diesen Kreuzgang erhält man eine völlig gleichmäßige, einwandfreie Fläche. Manche Farbtöne decken schlecht. Man soll daher nicht versuchen, mit einem Spritzgang eine gut deckende Fläche zu erzielen, denn das zuviel gespritzte Material läuft nur aus. Man warte ab, bis der erste Spritzgang angezogen hat und spritzt dann ein zweites Mal. Nach jedem Gebrauch muss man die Pistole sofort reinigen. Man darf sie niemals über Nacht ungereinigt stehen lassen. Zum Reinigen benutzt man das Verdünnungsmittel, das zu der verwendeten Farbe gehört.



Eine Fläche wird im Kreuzgang gespritzt, d. h. einmal senkrecht und einmal waagerecht. Mit dem zweiten Gang beginnt man erst, wenn der senkrechte Spritzgang angezogen hat.

In Amerika hat man Spritzlack entwickelt, der nicht mehr mit einer besonderen Spritzpistole gespritzt wird, sondern direkt aus der Farbdose, die unter Druck steht und oben mit einer Düse versehen ist. Dieser direkt aus der Dose zu spritzende Lack lässt sich, da die Spritzdose natürlich handlich bleiben und nicht zu groß werden darf, nur für Ausbesserungsarbeiten verwenden. Dieses amerikanische Erzeugnis ist auch in Deutschland erhältlich.

Das Spritzen erfordert eine gewisse Übung, und nur der Geschickte, Besonnene und Mutige sollte selber spritzen und vor dem ersten Versuch am Boot einige Versuche an anderen Objekten machen.



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