Yachten im Detail



Die Ruderpinne festsetzen (1965)

Wenn ein Boot vor Anker oder im Hafen liegt, muß man die Ruderpinne festbinden, damit sie nicht ständig hin und her schlägt. Man kann sich das Festbinden der Steuerpinne durch einen kleinen Beschlag ersparen, durch den sie genau mittschiffs festgesetzt wird (372, 375, 376). Dazu genügt eine kleine hochklappbare Stütze mit einer Aussparung für die Pinne (372, 375). Auf Fahrtenbooten kommt es auch beim Segeln häufiger vor, daß die Steuerpinne festgesetzt werden muß, besonders wenn die Besatzung nur klein ist und der Steuermann schnell irgendwo mit anpacken muß oder, 'wenn das Boot nur von einem Mann („einhand") gesegelt wird. Dafür reicht dann aber ein Beschlag, der die Ruderpinne nur genau mittschiffs feststellt, nicht mehr aus.

Läßt man die Ruderpinne eines Bootes los, dann dreht es entweder selbständig in den Wind, dann ist es „luvgierig", oder vom Winde ab, dann ist es „leegierig" Die Luv- und Leegierigkeit hängt von einer Reihe von Umständen ab und ist je nach den Windverhältnissen und der Größe und Zahl der Segel bei demselben Boot verschieden. Deshalb segelt ein Boot nicht unbedingt seinen Kurs weiter, wenn die Ruderpinne und damit das Ruderblatt genau in der Mittschiffsrichtung eingestellt wird. Man muß es entweder etwas nach Luv oder etwas nach Lee legen, braucht also eine ganze Reihe von Feststellmöglichkeiten.

Aber mit einer Feststelleinrichtung für die Steuerpinne allein erreicht man noch nicht, daß ein Boot seinen Kurs allein genau weitersegelt. Die Fähigkeit eines Bootes, mit festgestelltem Steuer auf See allein zu segeln, die für Fahrtenboote mit kleiner Besatzung und für Einmannsegler wichtig ist, hängt von vielen Voraussetzungen ab, die restlos bisher noch nicht bekannt sind. Das Boot muß „ausgeglichen" sein. Man muß sich vorstellen, daß jedes Boot einen Drehpunkt besitzt, um den es sich dreht, wenn das Steuer vollständig herumgelegt 'wird. Dieser Drehpunkt liegt beim Segeln nicht fest, er verändert sich auch meistens. Es muß ein Ausgleich zwischen Segeldruckpunkt und Abtriftsgegendruckpunkt gefunden werden, wenn das Boot geradeaus fahren soll. Liegen die Kräfte nicht in einer Querebene, z. B. der Druckpunkt des Segels hinter dem der Abtrift, dann ist das Boot luvgierig und die Ruderpinne muß, damit es geradeaus segelt, nach Luv gelegt -werden. Liegt er vor dem der Abtrift, dann ist es leegierig. Doch auch die Tatsache, daß ein Boot ausgeglichen ist, gibt ihm allein noch nicht die Fähigket, den Kurs selbständig mit festgesetztem Steuer stundenlang getreulich weiterzusegeln. Ein breites Brett, das man in der Mitte anfaßt und senkrecht ins Wasser taucht, läßt sich im Wasser schwerer drehen als ein schmales, langes. Ein Boot mit einem kurzen, tiefen Kiel dreht besser und schneller als eines mit einem langen unter dem ganzen Rumpf durchgehenden Kiel. Aber das Boot mit dem kurzen, tiefen Kiel läßt sich auch rascher von seinem Kurs abbringen als das mit dem durchgehenden Kiel. Boote mit langem Kiel halten ihren Kurs besser und länger durch, sie sind „kursstetiger" Am günstigsten für das Kurshalten ist ein Rumpf, der von der Seite gesehen eine annähernd dreieckige Form hat, wobei die vordere Kante nicht ausgeschnitten, sondern möglichst voll sein soll.

Entsprechend gebaute Boote sind verhältnismäßig leicht durch entsprechende ausgeglichene Segelführung dazu zu bringen, allein hart am Wind ihren Kurs zu halten. Selten hat eine Yacht dagegen die Fähigkeit, vor dem Wind oder mit seitlichem Wind allein seinen Kurs zu segeln, wie es die berühmte „Spray", mit der Kapitän Slo-cum allein die Welt umsegelte, wochenlang in den Passat-Gebieten des Pazifik tat. Auch die der „Spray" genau nachgebauten Boote haben diese Fähigkeit nicht erreicht. Daß eine Yacht vor dem Wind allein segelt, kann man durch Feststellen der Ruderpinne nicht erreichen. Dazu braucht man besondere Segel und besondere Einrichtungen, und zwar gleichgroße Vorsegel, Doppelspinnaker die durch Leinen, die durch leichtlaufende Blöcke geführt sein müssen, mit der Steuerpinne verbunden sind. Wenn das Boot von seinem Kurs etwas abweicht, drückt der Wind verstärkt in das eine Segel, dadurch wird die Ruderpinne rübergezogen und Gegenruder gegeben, bis das Boot wieder auf seinem alten Kurs liegt. Die Selbststeuereinrichtung mit Doppelspinnakern lohnt sich nur für sehr lange Seereisen mit kleiner Besatzung, und auch nur dann wird es ja nötig, ein Boot viele Stunden lang allein segeln zu lassen, damit die Besatzung den nötigen Schlaf bekommt. Auf kürzeren Reisen genügt es gewöhnlich, wenn der Rudergänger für einige Zeit unbedenklich das Ruder festsetzen kann, um auf dem Vorschiff etwas in Ordnung zu bringen oder unter Deck zu gehen, um in der Seekarte nachzusehen oder etwas zu essen.


1. Einrichtung zum Feststellen der Steuerpinne auf einem mittelgroßen Seekreuzer. Auf dem hochklappbaren Brett befindet sich eine Metallschiene mit Einkerbungen für die unter der Pinne angebrachte kleine Metallplatte. Voraussetzung für diese Art Feststelleinrichtungen ist immer, daß die Steuerpinne sich hochklappen läßt.

2. Im Prinzip dieselbe Einrichtung wie 1. Das hochkant stehende Brett ist auf dem Lukendeckel befestigt, ist nicht so hoch und nicht zum Klappen eingerichtet. Die Zahl der Einkerbungen und damit der Feststellmöglichkeiten ist größer.

3. Auf diesem stählernen Seekreuzer dient ein Bügel aus Stahlrohr mit vielen Zähnen zum Feststellen der Pinne. Bei solchen Konstruktionen besteht immer die Gefahr, daß die Pinne auch festhakt, wenn sie es nicht soll, weil sie nicht hoch genug gehalten wurde.

4. Eine praktische Lösung auf einem stählernen Jollenkreuzer, die eine Feineinstellung beim Festsetzen der Pinne erlaubt. Die mit einem Kunststoffschlauch überzogene Gabel gleitet mit einem Schlitten, der in jeder Stellung festgesetzt werden kann, auf einer Schiene.

5. Mit solcher hochklappba-ren Stütze läßt sich die Steuerpinne nur mittschiffs festsetzen. Für ein Fahrtenboot läßt sich nach demselben Prinzip eine Vorrichtung mit mehreren Einstellmöglichkeiten machen, wenn man statt des Bügels ein trapezförmiges, oben breiteres Stück Messingblech mit einer Reihe von Einkerbungen hochklappt, in das man die unter der Pinne angebrachte Messingplatte einhaken kann. Damit ein ausgeglichenes Boot gut allein hart am Wind segelt, muß die Pinne gewöhnlich so festgestellt werden, daß sie etwas nach Lee liegt.

6. Eine ähnliche Einrichtung wie 3., nur niedriger und etwas eleganter mit Messingrohr. Man kann jedoch nicht die vollständig gelegte Ruderpinne festsetzen, wie es bei Manövern, wie etwa beim Halsen, nützlich sein kann, wenn der Rudergänger beide Hände für die Schoten braucht.

7. Einrichtung auf einem Walboot. Eine mit zwei Flügelschrauben befestigte Holzplatte mit Zahnschiene aus Messing. Bei Nichtgebrauch wird die Platte nach unten geschoben und man kann dann ungestört die Pinne bewegen.

8. Die gleiche Einrichtung wie 5. auf einer 5,5-m-Renn-yacht, nur leichter.

9. Hier wird die Steuerpinne durch einen kleinen, auf dem Achterdeck befestigten hochklappbaren Bügel festgesetzt, in den die Steuerpinne mit einer Ausbohrung eingehakt wird. Es ist jedoch nicht empfehlenswert, die Ruderpinne durch eine Durchbohrung zu schwächen.

10. Eine ähnliche Einrichtung wie 6.: ein an Deck festgeschraubter Messingbügel mit einer Reihe Zähne.

11.. Die festgesetzte Steuerpinne auf einem Walboot. Dieselbe Vorrichtung wie 7.

Autor: G. Grell



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