Yachten im Detail



Wanten und Stage (1965)


Bei einem Neubau wird die Stärke der Verstagung des Mastes, der Wanten und Stage mit den zugehörigen Spreizen (den „Salings", „Jumpstagen") und manchmal auch Auslegern vom Konstrukteur bestimmt oder von der Werft auf Grund ihrer Erfahrungen festgelegt. Bei Selbstbauten oder selbst ausgeführten Umtakelungen oder bei einer Neuausrüstung mit Wanten und Stagen (dem „stehenden Gut") sollte man, wenn es sich nicht um ein Klassenboot handelt, für das bereits zuverlässige Erfahrungswerte vorliegen, eine erfahrene Takler-Firma zu Hilfe nehmen. Auch für das stehende Gut gilt, es ist so stark wie sein schwächster Teil. Der stärkste Wantdraht und der schwerste Wantenspanner sind nutzlos, wenn ein einziger der Befestigungsschäkel, nur ein Hängerbeschlag oder ein Bolzen, zu einer Befestigung zu schwach gewählt wurde. Andererseits ist es falsch, für das stehende Gut überschwere Drähte und Beschläge zu verwenden, um dadurch größere Sicherheit zu erreichen. Zu große Gewichte, die über Deck und im Masttopp angebracht werden, erhöhen die Sicherheit nicht, sondern vermindern sie. Bekanntlich setzt ein Schwertboot dem Winddruck in die Segel geringeren Widerstand entgegen als ein Kielboot, es besitzt eine geringere „Stabilität" Bei einem Kielboot kann je nach dem Kielgewicht und der Rumpfform die Stabilität geringer sein (dann ist es „rank", es weicht rascher dem Winddruck aus und legt sich früher auf die Seite) oder größer (dann ist es „steif", und es dauert länger, und es gehört mehr Winddruck dazu, bis es sich auf die Seite legt). Da die Takelage einer steifen Kielyacht mehr Winddruck auszuhalten hat als die einer ranken, muß die Festigkeit der Mastverstagungen bei einer steiferen Yacht größer sein als bei einer gleichgroßen ranken.

Welche der verschiedenen Drahtseilkonstruktionen (mit vielen oder weniger Einzeldrähten, mit oder ohne Hanfoder Stahlseile) gewählt werden und welches Material, hängt vom jeweiligen Fall und vom Etat des Eigners ab. Es gibt normal oder stärker verzinkte Yachtdrahtseile, dann die rostgeschützten, deren Einzeldrähte chemisch gegen Korrosion geschützt werden, die preiswert sind und eine lange Lebensdauer haben. Verzinkte und rostgeschützte Drähte sollten auf jeden Fall nach dem Auftakeln lackiert werden, damit sie länger halten. Fast zehnmal so teuer als rostgeschützte Drahtseile sind rostfreie. Die Bruchlast ist größer (bei gleichartig konstruiertem 8-mm-Seil 3600 kg bzw 4100 kg), um ein geringes auch das Gewicht (je Meter 230 g bzw 235 g). Rostfreie Drahtseile haben den Nachteil, daß sie sich mehr oder weniger recken. Drähte mit PVC-Ummantelung, die nicht wesentlich teurer sind als gewöhnliche rostgeschützte Drähte, haben sich bewährt, weil der Mantel nicht nur den Draht selbst schützt, sondern auch die mit den Wanten in Berührung kommenden Schoten und Segel schont. Für Fallen, Schoten usw (laufendes Gut) sind ummantelte Drähte nicht geeignet.

Die früher allein mögliche Befestigung der Drähte durch Augspleiße wird immer mehr durch moderne Befestigungsarten, Auge mit aufgepreßter Seilhülse, vergossene Bügelseilhülsen und aufgewalzte Endbeschläge („Terminals") ersetzt. Augspleiße schwächen den Draht und rosten mit der Zeit durch. Um ein Geringes billiger sind Augen mit Talurit-Seil-hülsen, die aber bei rostfreien Drähten wegen der Korrosionsgefahr nicht unbedingt zu empfehlen sind. Etwa vier Augspleiße kann man für den Preis einer Bügelseilhülse oder eines Terminals, beide am Draht angebracht, anfertigen lassen. Bei Verwendung von Bügelhülsen entspricht die Bruchfestigkeit der Befestigung genau der des Drahtes, die Bruchfestigkeit bleibt auch bei der zuverlässigsten und formschönsten Befestigungsart mit Terminals hundertprozentig erhalten. Beide Befestigungsarten brauchen keinerlei Pflege wie normale Augspleiße, deren Umwicklung („Bekleidung") mit Hanf- oder Perlongarn zur Kontrolle des darunter liegenden Drahtes abgenommen und erneuert werden muß. Beide Befestigungsarten können weder von einem Segler, der den Drahtspleiß beherrscht, noch von einem Takler ausgeführt werden, sondern nur von einer Taklerfirma, die über die erforderlichen, übrigens recht kostspieligen Spezialmaschinen verfügt.



1. Toppbeschlag eines Seekreuzers mit Hängern für Wanten und Stage.


2. Hängerbeschlag für das Vorstag und moderner Saling-Beschlag, kombiniert mit Hängerbeschlägen für Unterwanten und Backstage für einen Seekreuzer.


3. a) Stag mit Endbeschlägen („Terminals"), bei denen die Bruchlast des Drahtes voll erhalten bleibt. b) Wand mit Drahtspleiß und Wantenspanner.
c) Eine Want ist so stark, wie sein schwächster Teil, hier der Schäkel, mit dem der Wantenspanner am Pütting-eisen festgemacht ist.


4. Saling-Kugeln
aus Holz, die zweiteilig geliefert werden, verhindern das Festhaken („Törnen") und Scheuern („Schamfilen") der Segel an den Salingen.


5. Ein Bootsmannsstuhl, der zum Lieferprogramm der meisten Beschläge-Firmen gehört, ist für Arbeiten im Mast eines Seekreuzers schlecht zu entbehren.


6. Ältere Wantenspanner-Modelle mit Langloch auf einem größeren Seekreuzer. Gegen unbeabsichtigtes Aufdrehen sind die Schraubbolzen durch Splinte gesichert.


7. Eine an den Wanten angebrachte Nagelbank für Flaggleinen und Fallen auf einem größeren Seekreuzer. Eine Einrichtung, die von Großsegelschiffen übernommen wurde.


8. Amerikanische Spanner aus Bronze für Achterstage. Zum leichteren Verstellen besitzt dieser Spanner zwei Handgriffe. Mit dem oberen Handgriff wird die Gabel für das Stag festgehalten oder bewegt, mit der unteren wird die Hülse des Spanners gedreht oder gehalten. Wenn die Handgriffe, die hier in Arbeitsstellung stehen, runtergeklappt sind, verhindern sie ein selbständiges Losdrehen der Spannschraube. Das bogenförmige Gebilde rechts unten ist ein Stahlrohr des Heckkorbes der Seereling.


9. Auf diesem Seekreuzer sind die Wantenspanner vollständig mit einem natürlich seewasserbeständigen Klebestreifen umwickelt, um die Gewinde zu schützen, zu verhindern, daß Seewasser in die Gewinde eindringt und in der Hülse stehen bleibt, und um ein Beschädigen von Segeln durch die der Sicherung dienenden Splinte unmöglich zu machen.


10. Auf diesem amerikanischen Seekreuzer kann kein Vorsegel am Wantenspanner des Vorstages einreißen. Überall dort, wo die zur Sicherheit angebrachten Splinte herausragen und wo sich Ecken zum Hinterhaken ergeben, ist der Spanner mit Klebeband, das sich leicht entfernen läßt, umwickelt.


11. Auf Rennkielyachten werden die Wanten
durch das Deck geführt. Das hat den Vorteil, daß
die Wantenspanner keinen Windwiderstand bil
den und die Vorsegel nicht daran haken und ein
reißen können. Außerdem brauchen die Wanten
dann nicht an der äußersten Bordkante festge
macht zu werden und man kann ungestört
durch die Wanten — die großen Vorsegel dichter
holen.


12. Anbringung der Wantenspanner für die durchs Deck geführten Wanten auf einem Internationalen 5,5er. Für Fahrtenboote ist diese Anbringungsart unter Deck natürlich nicht zu empfehlen.


13. Eine praktische Art, das selbständige Aufdrehen der Wantenspanner zu verhindern. Die zwei Spanner sind durch einen, durch die Hülsen gesteckten Bolzen mit Flügelschrauben miteinander verbunden. Die Splinte (Pfeil) sind jedoch nicht gesichert und müßten überklebt werden. Sie sind gefährlich für Segel und die Kleidung der Besatzung.

Autor: G. Grell



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