10 kulturelles historie

Der Segelsport organisiert sich

Es dauerte über 100 Jahre, bis in den Ländern des europäischen Kontinents, dem angelsächsischen Beispiel folgend, Yachtclubs gegründet wurden: 1832 die „Kgl. Svenska Sägelselskap" in Schweden, 1848 der „Petersburger Y. C.", 1856 einer in Portugal und 1866 der unmittelbare Vorläufer des ältesten französischen Yachtclubs, des „Yacht Club de France".

 

 

 

 

 

 

 

Segelregatta in der Kieler Bucht, 1882 (Aus: Leipziger Ill. Zeitung 19.8.1882)

 

Der erste Zusammenschluss zu gemeinsamem Segeln in Deutschland war die 1835 in Berlin gegründete „Tavernen-Gesellschaft", die später wieder einging. 1855 schlössen sich in Königsberg zornige junge Männer unter dem Oberprimaner Ernst Burow zum ältesten Segelclub Deutschlands, dem Segelclub „Rhe", jetzt in Hamburg, zusammen. 1867 kam der Berliner Segler-Club und der Verein Seglerhaus am Wannsee, 1868 der „Norddeutsche Regatta-Verein" hinzu, der seitdem in der deutschen Segelei eine bedeutsame Rolle spielt. Wie andere Segelclubs, setzte es sich auch der NRV zur Aufgabe, nicht nur das Segeln, sondern auch das Rudern zu fördern. Der Wassersport war damals noch eine Einheit. So schrieb ein Regattaprogramm des NRV 1869 eine „Kieler Segel- und Ruderregatta" aus, bei der es um Preise bis zu 100 Thaier Crt. ging. Doch haben sich Geldpreise bei uns nie eigentlich eingebürgert; in England werden sie noch vergeben. Irgendwie — bei allem sportlichen Ehrgeiz — ging es damals noch gemütlich zu; so lesen wir auf einem Regattaprogramm des Belgischen Yacht-clubs von einer Segel- und Ruderregatta im Jahre 1873, und dazu spielte eine Militärmusik. — Der NRV stand auch Pate bei dem bereits erwähnten „Hamburger Verein Seefahrt" und ist mit ihm noch fest verbunden.

1882 veranstaltete der NRV seine erste größere Regatta in der Kieler Bucht. Ein Jahr darauf gründeten Marineoffiziere den „Friedrichsorter Regatta-Verein", Saefkow war einer der Gründer. 1887 wurde daraus der „Marine-Regatta-Verein", der seinerseits 1891 „Kaiserlicher Yacht Club" wurde. Zusammen mit den großen Berliner und Hamburger Clubs wurde der KYC führend im deutschen Yachtsport. Bei seiner Gründung hatte zweifellos die britische „Royal Yacht Squadron", gegründet 1812, Pate gestanden, wie überhaupt damals der "große" Segelsport bei uns sich ganz nach englischem Vorbild ausrichtete und erst später zu eigenen Formen fand. Der KYC wurde 1935 zum „Yachtclub von Deutschland" „gleichgeschaltet"; er ist heute als „Kieler Yacht Club" einer der wichtigsten deutschen Segelvereine. Das liegt sicher nicht zuletzt an dem hervorragenden Segelrevier vor Kiel, das, wie wir gesehen haben, schon früh entdeckt wurde. Dabei muss es für die Hamburger gar nicht einfach gewesen sein, mit ihren Booten dahin zu kommen - den Nord-Ostsee-Kanal gab es ja noch nicht.

Die Regatta, welche der NRV zusammen mit Kieler Seglern am 23. 7. 1882 in Kiel veranstaltete, kann als der Beginn der „Kieler Woche" angesehen werden. Sie wurde bald zu einem seglerischen Ereignis von internationaler Bedeutung, und sie ist es heute noch. 1882 gab es 20 Meldungen, 1976 waren es 1368. Hier sei erwähnt, dass in Kiel zwei olympische Segelwettbewerbe (1936 und 1972) durchgeführt wurden und häufig Welt- und andere bedeutende Meisterschaften einer großen Anzahl von Klassen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Ein für Cowes 1914 vorgesehener Preis mit den kaiserlichen Yachten Meteor und (Rückseite) Hohenzollern

 

Schon um die Jahrhundertwende wurde überall gesegelt, wo es nur etwas Wasser gab, und das heißt, dass bei uns das Binnensegeln besonders entwickelt wurde. — Prächtige Preise (große Vase) von zum Teil nach heutigem Geschmack zweifelhafter Schönheit wurden vergeben, und einige von ihnen sind als Wanderpreise immer noch heiß umstritten. Auch Seeregatten wurden gesegelt, sie liefen etwa von Kiel nach Eckernförde, entlang der Küsten oder gar bis zum Sund. Als Zubringer für die Kieler Woche wurde, zunächst nur für englische Boote, eine Regatta von Dover nach Helgoland ausgeschrieben (1897), und sie wurde gut beschickt. — An der schon erwähnten Transatlantik-Regatta 1905 nahm als größtes Schiff das englische Dreimast-Vollschiff Valhalla teil und gewann den dritten Preis. — Unsere Fahrtensegler befuhren vor allem die Ost- und Nordsee.

1888 schlössen sich die wichtigsten deutschen Segelclubs zum Deutschen Segler-Verband (DSV) zusammen. Zielsetzung: Hebung des Interesses der Wirtschaft, der Führungskräfte und des Volkes an der vWilhelminischen Flotten- und Kolonialpolitik. Daneben war 8und ist heute) seine Aufgabe die Festlegung von Klassen-Vorschriften, Ausgleichsregeln, von Wettsegelbestimmungen und technischen Angelegenheiten. Dem Verein Berliner Segler wurde die Aufnahme verweigert. Die Begründung wurde damit gegeben, dass der Anteil von Handwerkern und für "Geldlohn arbeitenden" Mitgliedern keinen "amateurgerechten" Sport zuließe.

Dem DSV entsprechende Zusammenschlüsse bestehen in anderen Ländern; sie schlössen sich 1906 zur „International Yacht Racing Union" (IYRU) zusammen, damals mit der Hauptaufgabe der Schaffung einer allgemeinverbindlichen Rennformel. Inzwischen ist die IYRU (heute ISAF) zur obersten Instanz in allen seglerischen Fragen von internationaler Tragweite geworden. - 1897 gehörten 22 Vereine zum DSV; heute sind es über ... mit rund ........ Mitgliedern; die Zahl der Segelboote wird auf ......... geschätzt. Bei dieser Zahl ist zu berücksichtigen, dass viele Segler mit ihren Booten keinem Verein angeschlossen sind und dass bei segelnden Familien meist nur einer Mitglied eines Vereins ist. Die Zahl der aktiven Segler muss mithin nennenswert über der oben genannten Mitgliederzahl liegen.

Bis zum ersten Weltkrieg hatte das Segeln einen ausgesprochen großbürgerlichen Zuschnitt; man erkennt das in den Clubstatuten, den Verhaltens- und Anzugsbestimmungen, im Stil der Veranstaltungen. Es spricht aus den Empfehlungen für die Behandlung der Besatzungen und ihrer Abfindung, ja aus der inneren Einrichtung der großen Yachten mit der Trennung der bezahlten „Leute" vom Eigner und seinen Gästen. Es spiegelt sich auch wider in der Fürsorge für die Besatzungen. Man war noch weit entfernt von der Masse der Segler und Boote von heute. Eine gewisse volkstümliche Segelei entwickelte sich vornehmlich im Berliner Raum, organisiert vom Berliner Wettsegelverband.

Der Schulung der Segler wird großer Wert beigemessen. Es gibt Befähigungsnachweise verschiedener Stufen für nähere und ferne Fahrtgebiete und seit 50 Jahren einen amtlichen Sportboot-Führerschein für Fahrzeuge mit mehr als 5 PS Motorleistung. Die dafür notwendige Schulung besorgen die Vereine unter einer gewissen Aufsicht des DSV selbst. Daneben gibt es eine wachsende Zahl von Segelschulen. Die älteste Schulungsorganisation ist der vor gut 50 Jahren gegründete „Deutsche Hochseesport-Verband Hansa", der es sich in einer besonders schwierigen Zeit zur Aufgabe gemacht hatte, jungen Menschen die Möglichkeit zum Segeln zu geben und sie darin auszubilden. Der Verband betreibt heute 5 Schulen im In-und Ausland und bildet jährlich rund 5000 Segler aus. – 1934 wurde in Bremen die Segelkameradschaft „Das Wappen von Bremen" gebildet, auch sie, um jungen Menschen, die sonst keine Möglichkeit hätten, zum Segeln über See zu verhelfen. Auf ihren Booten schickt sie jedes Jahr mehrere Hundert junger Segler auf weite Reisen. Roland von Bremen war eines ihrer bekanntesten Schiffe. Ähnlich bemühen sich die Akademischen Segel-Vereine, der älteste 1880 gegründet, um Breitenarbeit im studentischen Bereich. In gleicher Richtung betätigt sich der „Hamburgische Verein Seefahrt" seit 1903. Neben diesen gemeinnützigen Organisationen gibt es eine große Anzahl von kommerziellen Segelschulen, die meisten sind in dem „Verband der Segelschulen" im DSV zusammengefasst. Sie machen heutzutage das Geschäft in der Ausbildung.

Fast alle Segelboote, die Regatten segeln, gehören einer Klasse an. Es gibt internationale und nationale Klassen. Voraussetzung zur Anerkennung als internationale Klasse der ISAF ist die Verbreitung als Klasse in mindestens 6 Ländern und auf mindestens 3 Kontinenten. Um als nationale Klasse des DSV anerkannt zu werden, bedarf es einer Mindestanzahl von Booten und einer arbeitsfähigen Klassenvereinigung. Die ISAF überwacht die internationalen Klassen auf Einheitlichkeit, die nationalen Verbände, bei uns der DSV, besorgen das bei den nationalen Klassen. Zu den internationalen Klassen zählen z.B. die olympischen Klassen.
Neben den nationalen Klassen gibt es bei uns noch „anerkannte ausländische" und die sogenannten „Eintyp-Klassen", das sind Boote gleicher Art, bei denen die Voraussetzungen zur Klasse noch nicht ganz erfüllt sind, also gewissermaßen die Vorstufe zu einer Klasse.