10 kulturelles historie

Die Jahre ab 1920

Der erste Weltkrieg hatte in Deutschland das Ende der ganz großen Segelyachten gebracht und bis in die ersten Nachkriegsjahre hinein einen Stillstand bei den kleineren.

 

 

 

 

 

 

22 qm Schärenkreuzer Irmi G 32 (Foto: Lubinus)

 

Langsam kam das Segeln wieder in Gang; erst Mitte der 20er Jahre kann von nennenswerter Bautätigkeit gesprochen werden zunächst noch in den bestehenden Klassen, wie den kleineren Meterbooten nach der 1919 geänderten Formel, den nationalen Kreuzern, bei Fahrtenschiffen und Jollen. Neues kam mit den Schärenkreuzern. Sie waren vor dem Kriege auf der Grundlage einer besonderen Formel in Skandinavien entstanden und hatten wegen ihrer guten Segeleigenschaften, namentlich am Wind, und mit ihrer eleganten und rassigen Erscheinung viele Freunde gewonnen. Ihre Einführung in Deutschland war aber auch darin begründet, dass nur so überhaupt internationales Segeln (in Skandinavien) für die aus der IYRU ausgeschlossenen DSV-Segler möglich wurde.

Es gab die Schärenkreuzer in verschiedenen Größen von 22 bis 125 m2 Segelfläche. Sie gehörten zu den ersten Booten mit Hochtakelung und geleimten Masten; charakteristisch sind die hohen und schmalen Segel und die peitschenartige Krümmung im oberen Drittel des Mastes. Manchmal sieht man noch eines dieser schönen Boote.

Die im Abschnitt „Formeln" erwähnte KR-Formel, die außer der Länge, Breite und Segelfläche auch die Verdrängung als einen der Haupteingangswerte berücksichtigte, wurde in ihrer ersten Fassung in den 20er Jahren eingeführt und blieb bis zur lOR-Formel in Kraft. Nach ihr sind im Laufe der Jahre viele ausgezeichnete Boote entstanden.

 

 

 

 

125 qm Seefahrtkreuzer AR (Foto: Tom Nitsch)

Besondere Verbreitung fanden die vom Deutschen Segler-Verband etwa 1927 geschaffenen Seefahrtkreuzer mit Segelflächen zwischen 30 und 150 m2. Im Foto sind hier Ar und Athenavertreten. Am zahlreichsten waren die 30-, 50- und l00 qm Seefahrtkreuzer, die zu „Standardbooten" der Marine und Luftwaffe wurden, so dass in diesen Klassen meist ohne Vorgabe gesegelt werden konnte. Ein hervorragender Vertreter der „Hunderter" ist die Königin, 1935 für einen Bremer Holzimporteur bei Abeking & Rasmussen aus einem ausgewählten Stamm in Kompositbauweise gebaut. Sie gehörte später als Wappen von Hamburg zu den Schönheiten der deutschen Yachtflotte und war bis in die jüngste Vergangenheit auf Regatten immer noch erfolgreich. Später segelt sie, in Hansa umbenannt, als Schulboot für den Deutschen Hochseesport-Verband „Hansa" im Mittelmeer, heute privat genutzt auf der Ostsee; ein Beispiel dafür, wie lange ein gut gebautes und gehaltenes Boot erfolgreich „leben" kann.

 

 

 

 

80 qm Seefahrtkreuzer Athena, jetzt Alraune (Foto: Kai Greiser)

 

 

 

 

 

Wappen v HH (Foto: Kai Greiser)

 

Auch der 150 qm Seefahrtkreuzer Roland von Bremen gehört zu diesen großartigen Schiffen. Ein Entwurf des bedeutenden Konstrukteurs H. Gruber, wurde sie auf der Werft von E. Burmester anlässlich der Transatlantikregatta 1936 für die „Segelkameradschaft Wappen von Bremen" gebaut und errang unter der Führung von Dr. Fr. Perlia, einem der Mitbegründer der Segelkameradschaft, gegen 7 deutsche und holländische Konkurrenten den ersten Preis. Das Boot segelt noch heute in Privathand. Ein ähnlich langes und erfolgreiches Leben hat ihr Schwesterschiff in Stahl, Peter von Danzig, die 1935 für die Studenten des Danziger Akademischen S.V. gebaut wurde, ebenfalls an der Transatlantik-Regatta 1936 teilnahm und sich noch 1973/74 auf dem „Round the WorId-Race" mit Studenten des ASV Kiel gegen modernste ausländische Konkurrenz ehrenvoll schlug. Das Boot hat mit verschiedenen Besatzungen dreimal den Schlimbach-Preis erhalten, bisher einmalig. Diesen Preis - ein silberner Kronenkompaß - erhielt der Kapitän Ludwig Schlimbach, auch ein Teilnehmer an jenem Transatlantikrennen, 1937 von der Stadt Kiel für seine großen Verdienste um das deutsche Ozeansegeln, dem er nicht zuletzt durch sein persönliches Beispiel entscheidenden Anstoß gegeben hatte. Am Ende seines Lebens hat er den Kronenkompaß als ständigen Wanderpreis für die beste deutsche Leistung im Seesegeln gestiftet, und seit 1953 wird der Preis jährlich in Kiel vergeben.

 

 

 

 

 

 

 

Roland von Bremen vor Helgoland, 1937 (Foto: unb.)

 

Der 27 m lange Seekreuzer Skagerrak, rund 17 KR, ist ein Beispiel für den großen Kreuzer der 30er bis 50er Jahre. 1938/39 wurde sie von H. Rasmussen entworfen und für die Hitler-Marine gebaut, die mit dem Schiff an den großen internationalen Seerennen teilnehmen wollte. Diese großen Seefahrtkreuzer wurden auch nach der Formeln der anderen Länder vermessen, um dort Regatten segeln zu können. Die Güte der Boote zeigte sich nicht zuletzt darin, dass sie auch hier erfolgreich waren.

Die Deutschen stiegen damals gewissermaßen erst in die See- und Ozeanregatten ein, die namentlich in den USA und in England schon lange gepflegt wurden. Ab 1936 wurde das Bermudarennen - erstmalig war es 1906 gesegelt worden -, 660 sm lang von Newport/Rh. l. zu den Bermudainseln, zu einem der wichtigsten seglerischen Ereignisse. Es wird alle zwei Jahre, meist in Zusammenhang mit dem Nordatlantikrennen, 2900 sm von den Bermudas nach einem Ziel in Europa, gesegelt. Inzwischen sind andere große Rennen auf dem Atlantik, dem Pazifik, dem Mittelmeer und anderswo hinzugekommen.

 

 

 

 

 

 

Saudade beim Admiral's Cup 1973 (Aquarell von A.G. Nissen)

 

Das klassische Seerennen par excellence aber ist das Fastnet-Race von Cowes zu dem an der Südküste Irlands auf einem Felsen stehenden Leuchtturm von Fastnet und zurück nach Plymouth. Es ist zwar nur 605 sm lang, aber die haben es bei den Wetter- und Stromverhältnissen im Westausgang des Englischen Kanals „in sich". Zum ersten Male wurde es 1925 gesegelt, und in diesem Jahre, wie auch 1929 und 1930, wurde es von dem englischen Kutter Jolie Brise gewonnen; kein Schiff hat bisher wieder eine derartige Serie fertiggebracht. Das Boot war 1913 als französischer Lotsenkutter gebaut worden, ein Zeichen, wie lange solche traditionellen, beruflichen Zwecken dienenden Boote auf harten Seeregatten auch moderneren Booten gleichwertig und sogar überlegen sein konnten. - „Ein letzter großartiger Beweis für die Güte des alten typischen Kutters in einem seiner schönsten Vertreter", schreibt Sciarelli mit Recht. - In diesem Rennen messen sich die besten Ocean-Racer der Welt, deutsche Segler haben eigentlich immer daran teilgenommen. Es ist zusammen mit dem Channel Race quer über den Englischen Kanal, 220 sm, hochbewerteter Bestandteil der Regatten um den Admiral's Cup. Der Admiral's Cup wurde 1957 gestiftet; er wird alle zwei Jahre ausgetragen, und es sind fast jedesmal deutsche Segler bei dieser inoffiziellen Weltmeisterschaft der Seesegler dabeigewesen. Jedes teilnehmende Land stellt ein Team von drei Booten, die gemeinsam gewertet werden. Sie segeln nicht in eigens für sie veranstalteten Regatten. Vielmehr segeln sie die Regatten der Cowes-Woche mit und werden sowohl innerhalb dieser Regatten jeder für sich einzeln, wie als Team ihres Landes für den Cup gewertet. 1973 konnte das deutsche Team den Cup erstmalig mit nach Hause bringen; ebenso 1983, 1985 und 1993. Zwischen 15 und 20 Länderteams (jedenfalls zu den besten Zeiten des Cups) kämpfen um den Preis, und bis 1973 war er eine Angelegenheit der Engländer und Amerikaner und - gelegentlich - der Australier. Es sei noch bemerkt, dass die Besatzung der drei Boote der Zahl nach etwa drei Fußballmannschaften gleichkommt.

Auch auf Nord- und Ostsee finden regelmäßig Seeregatten statt, aus der Vielzahl seien Helgoland-Skagen-Kiel, etwas über 500 sm, das Skaw-Race, 290 sm kreuz und quer über Skagerrak, abwechselnd von einem dänischen, schwedischen und norwegischen Hafen ausgehend, sowie „Gotland Runt", 290 sm von Sandhamn um die Insel Gotland herum zurück nach Sandhamn, genannt.

Ein Blick auf das Bootsmaterial dieser Regatten sagt viel über die Entwicklung des Yachtbaues aus. Auch im Ausland wurden nach 1920 sehr viel weniger große Yachten gebaut als vor dem Kriege. Die Welt des Segelns hatte sich gründlich verändert. So gut wie niemand konnte sich mehr die starken Besatzungen der großen Schoner und Kutter leisten, die Segler wurden ihr eigener Skipper, Navigator und Deckshand, und auch auf den größeren Nachkriegsyachten gab es nur noch, und auch nicht immer, einen bezahlten Bootsmann. Die Inneneinrichtung zeigt deutlich den Wändel: Der Mannschaftsraum im Vorschiff fällt fort; heute ist dort der Segelstau- und -handhabungsraum, die Kombüse rückt in den „Wohnbereich", im Bereich des Mastes liegt die „Sanitärzelle" für alle.

Die technische Entwicklung — in den für den Segler wichtigsten Bereichen durchaus nicht für ihn bestimmt, aber von ihm aufgenommen — hat viel zu diesem Trend zum kleineren Boot beigetragen durch widerstandsfähige und in industriellen Verfahren besser verwertbare Materialien, wie formverleimtes Holz, GFK, neue Leichtmetallegierungen und Stahlsorten samt den dazugehörenden Schweißverfahren — auch Yachten aus Beton segeln mit Erfolg -, Leichtmetall für Masten und Spieren, Nirodraht und sogar Stahlschienen für das stehende Gut, Dacron für Segel und Tauwerk, alles Dinge, die nicht nur die Widerstandsfähigkeit der Boote erhöhen, sondern auch die Pflege wesentlich erleichtern. Hinzu kommen arbeitsparende Beschlage und Winschen für die riesig gewordenen Vorsegel, elektronische Geräte für die Navigation, für die Anzeige von Windstärke und -einfallwinkel, und damit können kleine Boote und Besatzungen Strecken überwinden, die man früher nur viel größeren Booten zutrauen mochte. Wie bei uns, so im Ganzen auch die Entwicklung im Ausland; der Segelsport hat stets eine stark internationale Note; was hierzulande geschieht, ist nach wie vor in hohem Maße von englischen und vor allem amerikanischen Konstrukteuren, Segelmachern und Ausrüstern bestimmt. Dort auch setzte bereits in den 30er Jahren der Trend zum Leichtbau ein, anfangs in tastenden und durchaus nicht immer erfolgreichen Versuchen.

Nach der Unterbrechung durch den zweiten Weltkrieg ging es zunächst in der vorher eingeschlagenen Richtung weiter. Eine Reihe von Booten, die nicht mehr zeitgemäß waren, trat ab, so die Schärenkreuzer, die Nationalen und die Seefahrtkreuzer. Auch die Meterklassen, wenngleich diese sich noch eine Zeitlang bei den olympischen Klassen hielten.

 

 

 

 

Foto Tre Sang (Foto: Schubert)

 

 

 

Myth of Malham, 1947 (Aus: Sciarelli, Die Yacht)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hera (Foto und Riss aus der "Yacht" 1952)

Über eine der ersten leichten Yachten nach dem Kriege, der 1945 umgebauten Tre Sang (gut 8 m in der WL, 28 m2 Segelfläche, ein früherer Schärenkreuzer), schreibt Sciarelli in „Die Yacht": „ ... Sie war sicherlich kein idealer Seekreuzer. Keine Stehhöhe innen, spartanisch eingerichtet. Aber sie trug wenig Segel und wurde bei Rennen von 2, manchmal auch 3 Leuten gefahren. Den herkömmlichen Yachten zeigte sie sich nur bei sehr leichtem Wind unterlegen, dafür waren die Leistungen bei hohen Geschwindigkeiten außerordentlich. Sie lieferte den Beweis dafür, daß die Wellenbildung bei einem sehr leichten Boot äußerst gering war und daß das Boot auch bei sehr hoher Fahrt leicht auf dem Ruder lag. Bei frischem Wind besser als die traditionellen Boote, war sie bei gleicher Vermessungslänge praktisch kleiner, hatte weniger Besatzung und kostete weniger." - Eigenschaften also, die den neuen Verhältnissen entgegenkamen: Material- und Kostenersparnis, kleinere Mannschaft: aber diese Boote waren auch weniger bequem und stellten hohe Anforderungen an die Härte der Segler. — Die erste Yacht, die ganz konsequent nach den Prinzipien des Leichtbaues entstand, war die englische Myth of Malham von L. Giles und J. Illingworth, 1947, ein sehr erfolgreiches Boot, fast ohne Überhänge, mit flossenartigem Kiel und sehr runden Spantschnitten, Vorgriff auf eine viel spätere Zukunft. Doch erwiesen sich häufig die klassischen Boote, allen aufsehenerregenden Erfolgen der Leichtbauten zum Trotz, als bessere Allround-Boote. Ein besonders schöner und erfolgreicher Vertreter dieser Yachten ist die Yawl Bolero aus dem amerikanischen Entwurfsbüro Sparkman & Stephens, gut 22 m lang, 15,5 m in der WL, 237 m2 Segelfläche, die „Miss America der Ocean-Racer" mit ihren harmonischen und weichen Linien. Als Beispiel für Boote dieser Art, wenn auch wesentlich kleiner, kann der 8-KR-Tourenkreuzer Hera, 1951, gelten. Das Boot, ein Entwurf von Rasmussen, gefällt durch seine ausgewogenen Linien; es ist ein sehr angenehmes, dabei schnelles Seeboot. H. Rasmussen hat die Hera, die er für sich gebaut hatte, immer gern gesegelt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eintonner Tina, 1966 (Aus: Sciarelli, Die Yacht)

Die Seekreuzeryachten waren mehr oder weniger auf der eher konservativen Linie, etwa der Hera, geblieben, als ein junger amerikanischer Konstrukteur, eigentlich ein Außenseiter in dem Geschäft, „Dick" Carter, 1965 mit seinem ersten Boot, der Rabbit, herauskam. - „Ein kleines Klasse-lll-Boof“, so Sciarelli in „Die Yacht", „7,63 m in der Wasserlinie, sehr breit, aus Stahl; die Form ist die einer vergrößerten Rennjolle, aber mit normaler Verdrängung (also kein ausgesprochener Leichtbau), mit Flossenkiel und getrenntem Ruder. Die Rabbit gewinnt in jenem Jahr das Fastnetrennen als einziges Boot der Klasse III nach der Favona (Clark, 1953)." Die nach den gleichen Grundsätzen wie die Rabbitgebaute, aber größere Tina von Carter gewinnt 1966 den Eintonner-Pokal, und die ihr ähnliche Optimist, ebenfalls Entwurf von Carter, Bau Abeking & Rasmussen, gewinnt ihn unter H. Beilken 1967 und 1968 und wird 1969 vor Helgoland Zweite.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eintonner Optimist 1967 (Foto: Schröder)

Diese Boote haben eine Wende eingeleitet, indem sie die Abkehr vom Seekreuzer alter Art mit seinen tiefen Spantschnitten, dem verhältnismäßig langen Kiel mit dem daran befestigten Ruder und mit seinen weichen Übergängen brachten. Wie eigentlich immer, wagte man den Schritt zu Neuem - wir werden noch sehen, dass es im Grunde gar nicht so neu war - erst einmal bei den „Kleinen".

Seekreuzer wie die Optimist werden als Eintonner bezeichnet, wenn ihr Rennwert nach IOR maximal 27,5 Fuß beträgt. Diese Bezeichnung hat nichts mit der Verdrängung der Boote zu tun. Sie hat vielmehr die folgende Bewandtnis: 1899 wurde erstmalig ein vom Cercle de la Voile de Paris gestifteter Pokal auf der Seine vor Meulan ausgesegelt, „La Coupe Internationale du Cercle de la Voile de Paris", der „One-Ton-Cup". Und zwar von Booten, die nach der damals gültigen Rennformel eine Tonne vermaßen. 1907 wurden daraus 6-m-R-Boote, die den ursprünglichen, doch nun überholten Eintonnern in ihrer Größe ungefähr entsprachen. 1906 bis 1910 war der Cup „fest in deutscher Hand", von 1908 bis 1910 wurde er in Kiel ausgesegelt. - An der 49. Austragung 1962 vor Palma de Mallorca nahmen nur noch vier Boote teil; die „Sechser" hatten ausgedient. Der Cup wurde dann 1965 für Seekreuzer der oben angegebenen Größe neu ausgeschrieben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

One-Ton-Cup (Foto: Neumann, YPS)

„Zusammen mit der Maxim's-Bar und dem Zugang einiger Untergrundbahnstationen von Paris ist der Pokal des C.V.P. einer der wenigen Überreste des .Modern Style', dessen Seerosenblätter und verschrobene Linien die letzten Jahre des 19. Jahrhunderts kennzeichnen; wir nennen sie - vergleichsweise - die ,Belle Epoque'", lesen wir in der Einführung in die Statuten des Pokals. - Es werden um den Tonnerpokal gesegelt: eine Hochseeregatta von 200-300 sm, eine Seeregatta von rund 150 sm sowie 2 Regatten in Küstennahe von 30 bis 50 sm.

Seit 1999 wird der Pokal in der Klasse IC45 ausgesegelt, Kurse: Up and downs.

Die Optimist hat wie die Tina sehr runde Spantschnitte und ihre größte Breite hinter der Bootsmitte, eine kurze und tiefe Flosse mit Trimmruder, getrenntes Ruder; der Lateralplan ist auf ein Minimum geschrumpft, die Flosse erinnert an die Wulstkieler der 90er Jahre, der Rumpf hat fast Jollenform; kleines, schmales Großsegel, mächtige Vorsegel. Unter der lOR-Formel haben sich diese Merkmale ein wenig gemildert, doch sind sie immer noch bestimmend. Auch mehr traditionelle Konstrukteure wie Sparkman & Stephens kamen zu ähnlichen Formen. - „Ein gutes Regattaboot", so wurde anfangs über solche Boote geurteilt, „aber kein Boot für lange Seereisen." Angenehm wohl nicht, aber durchaus seetüchtig; Beweis das Beinahe-Schwesterboot der Optimist, die Mex, mit der C. Hehner je 2 Transatlantik- und Transpazifik-Regatten einhand segelte, die letzte 1975. Die Beharrlichkeit Hehners mit einem Boot, das schon lange den modernsten und großen Konkurrenten aus anderen Ländern nicht mehr ebenbürtig sein kann, verdient als hohe persönliche Leistung hervorgehoben zu werden.

Der Eintonner Gumboots, englischer Pokalgewinner 1974, ein Entwurf des jungen Amerikaners D. Petersen, hat 1975 unter der Führung von B. Beilken für seinen deutschen Eigner mit einem 2. Platz das vorläufig letzte Kapitel dieses Preises geschrieben, soweit es deutsche Segler auf den ersten Plätzen betrifft.
An den 3 Gewinnern des Admiral's-Cup 1973 ist zu sehen, dass die neuen Formen der kleinen auch die der großen Ozeanrennyachten geworden sind; die Carina zeigt mehr als die beiden anderen von Sparkman & Stephens gezeichneten Yachten die „Handschrift" Carters. Doch unterscheiden sich alle von ihren kaum älteren Vorgängern ebenso wie seinerzeit die Tina von den ihren. Wir erkennen Ideen wieder wie etwa bei der Sonderklasse lange vor dem ersten Weltkrieg, doch können die bei solchen Formen auftretenden enormen Belastungen erst mit modernen Baustoffen beherrscht werden. Wegen des leichten Rumpfgewichts sind diese Boote aus Aluminium oder aus formverleimtem Holz gebaut, auch aus GFK. Wenn das Bootsgewicht geringer wird, steigt bei gleichbleibendem Ballastgewicht der Ballastanteil und damit das Vermögen, Segel zu tragen. Die kohlenstoffverstärkte Faser hält ihren Einzug, und es gibt sogar Boote mit Ballast aus Uran - das ist schwerer als Blei! Die Schalen dieser Boote benötigen so gut wie keine Spanten mehr, nur im Bereich von Mast und Kiel, wo die höchste Belastung auftritt, sorgen Rahmen aus hochfestem Material für die notwendige Festigkeit. Auf Rigg und Segel wurde schon eingegangen; das Decks-Layout, die Verteilung von Beschlägen, Winschen und sonstigen Bedienungselementen, ermöglichen die schnelle und sichere Bedienung der gewaltigen Vorsegel. Der Spinnaker, früher ausschließlich ein Segel für achterlichen Wind, wird nun auch noch bei vorlicher als querab einfallendem Wind gefahren, und das bei Windstärken, bei denen die alten Baumwollsegel längst zerrissen wären. Man kann ermessen, welche Kräfte das alles auf die Segel, das Rigg und die Verbände bringt, aber auch, welche Anforderungen an die Besatzungen gestellt werden. Den elektronisch gemessenen und sichtbar gemachten Werten der Stärke und des Einfallwinkels des Windes entsprechen feste Einstellungen der Schoten Niederholer und der vielen anderen zur Regulierung dei Segel und von Mast und Baum notwendigen Bedienungselemente. Materialschlacht? Sicherlich auch, doch immer noch ist das Können, das Zusammenarbeiten und nicht zuletzt der Kampfwille der Besatzung ausschlaggebend für den Erfolg, und nur mit guter Seemannschaft kann man auf diesen kleinen Schiffen mit der See fertig werden. So lebt in dem modernen Rennsegler noch etwas von den Seeleuten der Klipper von einst.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

22 qm Rennjolle auf dem Müggelsee um 1930 (Foto: Bischoff)

So viel zu den großen, weithin die Entwicklung bestimmenden Yachten. Neben ihnen dürfen aber die viel zahlreicheren Boote der kleineren Klassen, die vielen internationalen und nationalen Jollen und die Fahrtenboote nicht vergessen werden. Sie sind es, die das Segeln zum echten Breitensport machen. Hier - und besonders bei den Fahrtenseglern — ist das Feld der Individualisten, werden oft sehr gute Boote in eigener Arbeit gefertigt oder fertige Rümpfe ausgebaut, und diese Segler pflegen ihre Boote selbst und halten sie mit ihrer Arbeit instand. Auch sie segeln ihre Regatten und haben möglicherweise mehr Spaß daran als die hochbeanspruchten Athleten der großen und international wichtigen Klassen. Natürlich hat in Deutschland mit seinen vielen Binnengewässern das Segeln auf Jollen und Jollenkreuzern hohe Bedeutung. Nach dem ersten Weltkrieg verschwanden die extremen „Flundern" und entwickelten sich sehr brauchbare und sportlich interessante Typen, von denen die H-Jolle, ein Wanderboot, und verschiedene Rennjollen und -dingis genannt seien. Diese leichten, oft klinkergeplankten Boote mit ihren steilangestellten Gaffelsegeln mit durchgehenden Latten und kleinen Vorsegeln, später mit Hochtakelung und weit nach hinten reichenden „überlappenden" Vorsegeln, gehörten zum Bild unserer Seen. Großer Beliebtheit erfreuten sich die cat-getakelten Dingis, wie das 12-Fuß-Dingi oder die Olympia-Jolle, echte Vorläufer des olympischen Finns.

Man beschäftigte sich eingehend mit den physikalischen Grundlagen des Segelns, bei uns besonders intensiv mit der Aerodynamik. 1925 kam „Die Aerodynamik des Segelns und die Kunst des Regatta-Segelns" von Manfred Curry in München heraus und sollte eine ganze Generation von Seglern beeinflussen. In diesem Buch sind schon Überlegungen über das zu finden, was später das „flexible Rigg" genannt wird, Gedanken, die auch von Herreshoff beeinflusst sind. Die Versuche und Erfolge mit diesem flexiblen Rigg lassen sich auf Berliner und Hamburger Jollensegler wie Bischoff und v. Hütschler, die auf den Star umgestiegen waren, zurückführen; es war davon schon im Abschnitt „Olympisches Segeln" die Rede. Hier sei bemerkt, dass es solches — unerwünscht — schon lange gegeben hatte: Das stehende Gut aus Hanftauwerk der alten Schiffe hatte dem Rigg schädliche, weil nicht zu beeinflussende Lose gegeben. Als die Einführung des Stahldrahttauwerks und auf großen Schiffen der eisernen und stählernen Masten diesen Mangel beseitigte, da meinte man, in der Starrheit des Riggs das Optimum gefunden zu haben, bis man bemerkte, daß eine, nunmehr kontrollierbare Nachgiebigkeit des Riggs mit dem Ziel, die Wölbung der Segel jeweils dem Wind anzupassen, der richtige Weg sei.

Auch die eben erwähnten Boote sind schon Vergangenheit. Das Auftreten der neuen Werkstoffe und Verfahren hat auch und gerade bei den „Kleinen", den Jollen und den kleinen Kreuzeryachten, früher als bei den größeren Booten ganz entscheidende Veränderungen gebracht. Nun konnten Leichtgewichte gebaut und Formen verwirklicht werden, die vorher nicht möglich waren. Geringes Gewicht und flache Böden der Bootskörper, leichte Spieren und Segel machen das Gleiten möglich und damit Geschwindigkeiten, die weit oberhalb der Höchstgeschwindigkeit der Verdrängungsboote liegen. Moderne Jollen sind ohne Gleitmöglichkeit als Regattaboote nicht mehr denkbar. Der Spinnaker ist auf die kleinen Boote gekommen; Trapez und hohe Formstabilität bringen das dazu erforderliche hohe Segeltragevermögen bei. Eine schier unübersehbare Vielzahl von Klassen und Typen ist entstanden.

Industrielle Herstellung anstelle der früher rein handwerklichen hat die Preise relativ gesenkt und es vielen, die früher nicht daran denken konnten, möglich gemacht, ein Boot zu besitzen. Der Bootstrailer hinter dem Auto brachte eine hohe Mobilität, so dass Regattafelder in einer Klasse von 100 und mehr Booten keine Seltenheit sind; Nervenprobe für die Segler im Gedränge und für die Starter, die das noch im Griff behalten sollen.

In den backtrogförmigen Optimisten-Jollen mit ihren bunten Sprietsegeln sammeln die Kleinen so von 6 bis 13, 14 Jahren als Skipper ihre ersten Segel- und Regattaerfahrungen, um dann auf größere Jollen umzusteigen, wenn sie die nötige Kraft und last not least das Gewicht haben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Tandem Windsurfer 1976 (Foto: Charchulla)

Ein junger Spross der segelnden Welt sind die „Stehgeiger", die Windsurfer, zu Beginn ihrer Laufbahn mehr im Wasser liegend als auf dem Brett stehend. Lohn der Mühen ist das Gefühl des schnellen Gleitens über das Wasser und das unmittelbare Erleben des Windes und seiner ständigen Änderungen. Der Windsurfer ist eine Erfindung Amerikas. Die Wellenreiter an der kalifornischen Küste mochten ihr Brett nach dem Ritt auf der Brandung nicht wieder mühsam nach draußen schieben und erdachten sich eine primitive Segeleinrichtung. Das war Mitte der 60er Jahre. Schnell entdeckte man den Spaß an solchem Segeln. 1970 erschien der erste Windsurfer in Deutschland; die Sache verbreitete sich schnell, heute gibt es mindestens .......... Bretter und rund ........ Surfschulen allein in Deutschland.

Ein gutes Beispiel für den Gang der Dinge während der letztvergangenen 60 Jahre bietet das Nordische Folkeboot. Mitte der 40er Jahre wurde es in Schweden entworfen mit dem Ziel, ein preiswertes, auf jeder „grünen Wiese" herstellbares Küstenboot für jedermann zu schaffen. Dem entspricht die Klinkerbauart aus Holz, die einfache Einrichtung, der Mast aus Vollholz, der Verzicht auf einen Spinnaker. Es wurde ein ausgezeichnetes kleines Boot bester skandinavischer Tradition, 7,64 m lang, 2,2 m breit, gut 2 t schwer, Segelfläche 24 m2, langer Kiel, am breiten Spiegel und der Hinterkante des Kiels angehängtes Ruder, sehr seetüchtig, für seine Größe schnell. Mit solchen Eigenschaften verbreitete das Boot sich in kurzer Zeit in Skandinavien und Norddeutschland. Bald wurde es zu einem begehrten Regattaboot, wozu nicht zuletzt beitrug, dass große Felder ohne Vorgabe gegeneinander segeln konnten. Dieser Umstand sowie die Tatsache, dass die arbeitsintensive Bauweise dieses Bootes sich mit jener der inzwischen aufgekommenen Boote aus GFK preislich nicht messen konnte, hatten zur Folge, dass das Boot für seine Größe durchaus nicht mehr billig genug war, um als „Volksboot" gelten zu können. Jedes Jahr kämpfen vor allem deutsche und dänische Segler auf einer Reihe von Regatten um die Führung in der Klasse.

Seit den Siebzigern darf das Folkeboot auch in Kunststoff gebaut werden, wobei die Form, also auch die Klinkerbeplankung, und das Gewicht des Holzbootes genau innezuhalten sind, so daß Holz- und GFK-Boote gegeneinander segeln können; ein Vorgang, der auch bei fast allen anderen traditionellen Klassen, so bei den Drachen, zu beobachten war und ist.

Das Auftreten des Vergaser- und später des Dieselmotors hat die Segelyacht in bemerkenswerter Weise nach 2 Richtungen hin beeinflusst: Es gibt kaum noch Kreuzer- oder größere Rennyachten ohne Hilfsmotor, eingebaut oder als Außenborder. Das ist heutzutage schon aus Gründen der Sicherheit unerlässlich, sei es, dass dem Schiffsverkehr auf den dichtbefahrenen Seewasserstraßen auszuweichen ist - und wie kann man das bei Flaute anders als mit Motor? -, sei es das Manöver in den immer voller belegten Häfen. Bereits vor 1914 gab es manche Yacht mit Hilfsmotor, in den 20er Jahren wurden größere Kreuzeryachten in zunehmender Zahl damit ausgerüstet. Doch meine man nicht, der motorlose Segler von früher habe sich ausschließlich auf seine Segel verlassen, wie heutzutage gern nostalgisch erklärt wird; wir lesen vielmehr von unwahrscheinlich langen Schleppstrecken in jenen Zeiten vor dem Sündenfall durch den Motor. Das Zweite: Aus dem Segler mit Hilfsmotor hat sich während der letztvergangenen 50 Jahre zunehmend der Motor-Segler herausgeschält, also eine Verbindung von Segel- und Motoryacht, bei der einmal das eine und dann das andere überwiegt. So gibt es Motorsegler, bei denen der Motor, freilich nur für Verdrängerfahrt, vorherrschend ist und die Segel nur bei halbem bis raumem Wind und als Stützsegel gebraucht werden können; andere wieder, und dieser Trend verstärkt sich, haben Segeleigenschaften, die denen einer brauchbaren Tourenyacht kaum nachstehen. Manchmal ist schwer zu erkennen, ob ein solches Boot noch eine echte Segelyacht oder ein gut besegelter Motorsegler ist. Doch haben die Motorsegler immer einen gut zugänglichen und hinreichend starken Motor - die reine Segelyacht durchaus nicht immer -, sie haben genügend große und wirksame Schrauben - bei reinen Segelyachten selten - und sie haben einen geschlossenen Steuerstand, was die reine Segelyacht nie hat. Infolge der reichhaltigeren technischen Ausrüstung sind sie meist teurer als vergleichbare Segler. Sie kommen einem weit verbreiteten Bedürfnis solcher Segler entgegen, die in einiger Behaglichkeit und vom Wind nicht zu sehr abhängig ihre Reisen machen wollen, oft mit Familie.