"Angelita" - 8 mR
Text: Barbara Post, Foto: P.Kaus in FKY-Heft 8/97
"Angelita" - Liebe auf den ersten Blick
Es gibt sie wirklich, die Liebe auf den ersten Blick. Claus Uwe Hodurn kann das bestätigen. Sein Traum heißt „Angelita": Schlank, gut 15 Meter lang und aufregende 72 Jahre alt. Auf der Lübecker Werft „Krause &Wucherpfennig" sah der Hamburger die 8mR-Yacht zum ersten Mal - heute ist er mit seinem Freund Michael Reimers zusammen Eigner der ursprünglich amerikanischen Yacht.
„Angelita" hat eine stolze Vergangenheit: 1932 gewann das Schiff mit seinem damaligen Skipper Owen Churchill bei den Olympischen Segelwettbewerben vor Los Angeles Gold für die USA. Nach einer weiteren Reihe herausragender Regattasiege und der zweiten Olympia-Teilnahme 1936 in Kiel (ohne Medaille) verschwand „Angelita" für lange Jahre in einem amerikanischen Bootsschuppen. 1984 kaufte Peter Ueberroth, damals Chef des amerikanischen Olympischen Komitees, die alte Yacht und ließ sie gründlich restaurieren. 1986 wurde vor L.A. wieder um olympisches Gold gesegelt, und die auf Hochglanz polierte „Angelita" war das Flaggschiff der Eröffnungszeremonie. An der Pinne: der inzwischen betagte Owen Churchill.
Nach dem glanzvollen Auftritt wurde es erneut still um „Angelita". 1997 entdeckte Peter Kaus das Schiff und holte „Angelita" nach Lübeck. Ihr Kiel blieb allerdings in den USA und durchpflügt jetzt unter einem „Angelita "-Nachbau amerikanische Gewässer.
In einem Schuppen auf dem ehemaligen Industriegelände von Orenstein & Koppel in Lübeck - eben bei Krause & Wucherpfennig - sah Claus Uwe Hodum die von Nick Potter als „Doppelender" konstruierte Yacht zum ersten Mal. Er war hingerissen, aber noch nicht zum Kauf entschlossen.
Zum Geburtstag schenkten ihm Freunde das Modell einer J-Class, der größten und elegantesten Segel-Klasse, die bis zum Zweiten Weltkrieg gebaut wurde. „Wenn ihr ein wirklich schönes Schiff sehen wollt, müsst ihr mit mir nach Lübeck kommen", kommentierte Hodum sein Geschenk. Seinen Freund Michael Reimers überzeugte der Anblick dieser Yacht, deren Heck fast ebenso spitz ist wie der Bug, genauso wie zuvor Hodum.
Im März 2001 unterschrieben der Computer-Fachmann Hodum und der Schifffahrts-Kaufmann Reimers den Kaufvertrag. „Zu zweit trägt sich das leichter". In Sommer 2002 wollen sie das Schiff zum ersten Mal segeln. „Angelita" hat dann einen neuen Kiel bekommen, ein neues Deck aus Oregon-Pine,weil das Holz leichter ist als Teak , einen neuen Mast aus Spruce, aus einem Nadelholz, und einen neuen Spi-Baum.
An Deck glänzen neue Messing-Winschen. Keine selbstholenden wohlgemerkt. Claus Uwe Hodum wollte das Schiff so originalgetreu wie möglich restaurieren. Nicht nur, weil er ein Fan der alten Linien ist, die beiden Eigner möchten „Angelita" auch wieder in Regatten segeln.
Olympische Klasse waren die 8mR-Yachten nur bis zum Zweiten Weltkrieg. Das bedeutete aber keineswegs das Aus für die Boote, die nach der inzwischen fast hundert Jahre alten Formel gebaut wurden und werden. Rund 300 Achter sind im Laufe der Jahrzehnte entstanden, etwa 120 segeln noch heute, darunter mehr als ein Dutzend moderne Hightech-Achter.
Damit nun im Rennen „Modern gegen Alt" der leichte Kunststoff-Achter nicht eine Viertelstunde vor dem alten und schweren Holz-Schiff die Ziellinie überquert, sind in den letzten Jahren verschiedene Regatta-Klassen für die unterschiedlichen Achter geschaffen worden, so zum Beispiel der „Coupe Cartier" für die 8mR-Yachten der 20er und 30er Jahre. Genau in dieser Klasse möchte Claus Uwe Hodum mitsegeln. Eine selbstholende Winsch würde da einen kräftigen Punktabzug bringen. Auch eine Seereling wird „Angelita" nie haben. „Hatten die Schiffe früher schließlich auch nicht", meint Hodum.
Einen Motor hat das Boot allerdings. Aber der wird für Regatten ebenso ausgebaut wie die Schraube. Und wenn die beiden Eigner die „Angelita" für die 8mR „Worid Championship" vom 21. bis 27. Juli in Helsinki auf die Fähre verladen lassen, bleibt der Diesel-fressende Flautenschieber gleich in Deutschland.