Eine ungewöhnliche, fast 100-jährige Yacht-Geschichte bietet eine der zahlreichen von Max Oertz gezeichneten und gebauten Sportsegelboote mit der 12-Meter-R-Yacht HETI, die 1912 am Reiherstieg vom Stapel lief, in der Blüte des klassischen deutschen Yachtbaues in der ausgehenden deutschen Kaiserzeit.

Auftraggeber der HETI war der Lübecker Holzkaufmann Hermann Eschenburg (1872 - 1954) aus einer Familie, der von Thomas Mann im Lübecker Kaufmannsroman „Buddenbrooks" als „Huneus Hagenström" sogar ein literarisches Denkmal gesetzt wurde (Quelle: Freunde der Segelyacht HETI e.V.). Er benannte den 18,60 m langen Gaffelkutter mit Stengemast und Klüverbaum „aus bestem Tabasko-Mahagoni" über Stahlspanten nach seiner jüngsten Tochter Hedwig (1906 - 2002). HETI ist eine 12-Meter-R-Yacht, deren Zugehörigkeit zur Bootsklasse „12-er" ein Ergebnis aus sieben mathematischen Faktoren gemäß einer Formel von 1906 ist, die sie zum beachteten Mitglied einer Gruppe von Segelyachten von um 18 bis 22 Metern Länge machte, die 1908, 1919 und 1933 von der International Yacht Racing Union (IYRC) überarbeitet wurde und bis heute gilt. Allein zwischen 1907 und 1914 entstanden danach innerhalb der internationalen 8 Klassen von R-Yachten bereits 36 „12-er". Insgesamt verzeichnete das Lloyds Register 1912 weltweit 632 R-Yachten, in Europa wurden insgesamt an die 800 Meteryachten gebaut. Die Beliebtheit dieser vornehmlich für kurze Inshore-Regatten benutzten formschönen und schnellen Yachten sollte über die Jahrzehnte bis heute anhalten.

SY HETI ging durch viele Besitzerhände: Von Hermann Eschenburg, Lübeck, 1921 an Dr. Max Hamers, Berlin-Lichterfelde, sie wurde in TRAUM umbenannt und in den 1930-er Jahren zur Yawl umgebaut; 1953 hieß sie dann NATHURN und gehörte dem Bremer Segler Heinz Harmssen, der sie noch im selben Jahr an die Hanseatische Yachtschule Glücksburg verkaufte; an der Flensburger Förde wurde sie in SEESCHWALBE umgetauft und vermutlich kaum gesegelt; 1966 wurde sie dann von Karsten Schaper gekauft, der sie nun MOBY DICK nannte und in Flensburg liegen ließ; 1967 übernahm sie der Hamburger Peter Himstedt und wurde in SATURN umgetauft, ihren sechsten Namen. Angesichts des nun schon hohen Alters der Yacht ließ Himstedt sie Ende der 1960-er Jahre bei der Werft von Jürgen Heuer in Finkenwerder glasfaserbeschichten, einen weicher einsetzenden V-förmigen Vorfuß ausschäumen und überziehen; der Mast wurde auf 22 m verkürzt und auf Toptaklung umgestellt. Mit diesen fachlich gut ausgeführten Verbesserungen wurde die SATURN bald zu einer „konstanten Größe bei den großen klassischen Elbwettfahrten"; 1976 gewann sie vor 150 weiteren Yachten mit einem neuen Bahnrekord das „Blaue Band der Niederelbe". 1978 wurde die SATURN von der Frankfurter „Seglervereinigung Rhein-Main" übernommen, als ROMEO in das Seeschiffsregister eingetragen und bis 1981 von ihr als Ausbildungsschiff benutzt. Ihr Finanzier Friedrich Goebel nutzte sie dann privat in Ostsee, Nordsee und im Mittelmeer, wo sie bis 1998 in verschiedenen Häfen beheimatet war. Durch die Vermittlung des Hamburger Traditionsschiff-Liebhabers Joachim Kaiser schenkte Goebel seine klassische Yacht nach 22 Jahren und 33.000 sm an den Verein „Jugend in Arbeit", der sie restaurieren und zurückbauen sollte auf den vormaligen 12-er. Von Hedwig Howaldt geb. Eschenburg erhielt sie in Hamburg wieder ihren ursprünglichen Namen HETI.

Auf der Beschäftigungswerft des 1983 gegründeten „Jugend in Arbeit e.V." im Harburger Binnenhafen, der die Berufsqualifizierung Jugendlicher vornehmlich mit historischen Schiffen vornimmt, wurde die HETI nun mit Hilfe des Nutzervereins „Freunde der Segelyacht Heti e.V." in mehrjähriger Arbeit restauriert, worüber u.a. eine in der Werft ausgestellte eindrucksvolle Fotoreportage bildhaft berichtet. Als neuer Eigentümer trat die 2001 von der HSH Nordbank auf Initiative der Handelskammer Hamburg gegründete „Stiftung Hamburg Maritim" ein, die bereits mehrere traditionelle Hamburger Schiffe übernommen hat, um sie wieder in Fahrt zu setzen (z.B. Staatsdampfer SCHAAR-HÖRN, Hochseekutter HJ. 231 LANDRATH KÜSTER, Elbfischer-Ewer CATARINA, Besan-Ewer JOHANNA und Schlepper FAIRPLAY VIII). Die 12-Meter-Rennyacht HETI wurde nach umfassender Restaurierung von 2002 bis 2005 wieder in Fahrt gebracht, behielt aus wirtschaftlich-technischen Gründen aber ihr äußere GFK-Beschich-tung und die modifizierten Linien. Neben völlig überholter Innenseite mitsamt durch Kambalaholz ersetzte Stahlspanten, neuen Bodenwrangen, klassischen Einbauten und speziell angefertigten Beschlägen erhielt die HETI auch einen 100 PS-Motor von Volkswagen Marine, damit sie mit eigener Kraft von ihrem neuen Liegeplatz im Hamburger Sandtorhafen auf die Elbe und durch den Nordostseekanal laufen kann. Das gesamte Rigg wurde erneuert und die alte Gaffeltakelung samt Stenge und Klüverbaum wiederhergestellt. Seitdem wird die HETI als einzig erhaltener First-Rule-Zwölfer auf Elbe und Ostsee in den traditionellen Regatten auch gegen die restaurierten internationalen 12-er gesegelt, von denen einmal 130 Exemplare gebaut worden waren. Vornehmlich den Segelenthusiasten des kompetenten Nutzervereins „Freunde der Segelyacht Heti e.V." unter Leitung ihres Vorsitzenden Philipp Schilling und der weitblickenden „Stiftung Hamburg Maritim" sowie den Bootsbaufachleuten der Harburger Werft „Jugend in Arbeit e.V." ist es zu verdanken, daß diese schöne und schnelle klassische 12-er-Yacht HETI wieder segeln kann und ihrem Konstrukteur Max Oertz und dem klassischen deutschen Yachtbau heute alle Ehre macht.

(Die Abmessungen der HETI sind: L.Ü.A. 18,60 m / Länge WL 13,24 m / Gesamtlänge 23,00 m / Tiefgang 2,30 m / Breite 3,50 m / Verdrängung 27 to / Segelfläche a.Wmax. 230 qm.)

Foto: © Stiftung Hamburg Maritim